Das Buch enthält in lateinischer Sprache verfasste und ins Deutsche übersetzte Gedichte über Gegenstände aller Art, vom Lobgesang auf die Lerche oder die Heckenrose bis zu modernen Phänomenen wie dem Fußball und dem Minirock. Ihre formalen Modelle sind die Lieder der Vaganten im Mittelalter, wie sie uns in den „Carmina Burana“ vorliegen. Ihr Verfasser ist der emeritierte Professor für lateinische Literatur des Mittelalters und der Neuzeit aus Göttingen Fidel(is) Rädle, der seit vielen Jahren zu seinem Vergnügen lateinisch dichtet und dem Kreis der „Latinitas viva“ - Enthusiasten um den Münchener Latinisten Wilfrid („Valahfridus) Stroh gehört.
Die hier veröffentlichten lateinischen Gedichte sind maximal 50 Jahre oder aber gerade ein Jahr alt. Geschrieben und auch in Versform ins Deutsche übertragen hat sie zu seinem eigenen ‚hausmusikalischen‘ Vergnügen Fidel Rädle, viele Jahre Professor für Lateinische Literatur des Mittelalters und der Neuzeit an der Georg –August Universität Göttingen. Auch die Themen der Gedichte sind nicht der Antike entnommen, wenngleich sie jener Epoche nicht unbedingt fremd sein müssen, insofern ihnen ja doch immer nur menschliche Erfahrungen zugrunde liegen. Das erste Gedicht trägt den Titel „In laudem alaudae“ – „Loblied auf die Lerche“, das jüngste heißt „Amica nox“ und enthält ein „Lob des Schlafs“. Zahlreiche Stücke befassen sich mit (weiteren) Tieren wie z. B. dem Hahn („Quaedam de gallo“), der Kuh („De vacca beata“) den Tauben („In columbas carmen invectivum“) oder dem Osterhasen („De lepore paschali et aliis fabulis“). Andere betrachten alltägliche, aber auch spirituelle Phänomene: „Die Sieben Todsünden“ („De septem peccatis principalibus“), die „Sonntagspredigt“ („De deflenda interpretatione Verbi Divini“) den „Minirock“ (De tunica illa minimae longitudinis“), den Fußball („De huius aetatis gladiatoribus sive de pedifollio“) oder das Skifahren („De arte descendendi de montibus nivosis“) – die beiden zuletzt erwähnten haben, etwa an bayerischen Gymnasien, schon die eine oder andere Lateinstunde auflockern helfen.
Das Besondere an diesen Gedichten ist, dass sie nicht nach den formalen Gesetzen der antiken Metrik (mit penibler Unterscheidung der Silbenlängen), sondern nach den lässigeren Prinzipien mittelalterlicher akzentrhythmischer und endgereimter Dichtung gebaut sind, wie man sie aus den „Carmina Burana“ und auch aus der volkssprachigen Lyrik kennt. Deshalb sind sie leicht (möglichst laut) zu lesen und gut zu verstehen. Wackligen Lateinern hilft die beigegebene, ebenfalls versifizierte deutsche Übersetzung, die auch allein für sich gelesen werden kann. Das Büchlein ist ein Beitrag zur internationalen, in Europa und in den USA sorgsam gepflegten „Latinitas viva“.
Fidel(is) Rädle, geb. 1935 in Hermannsdorf, Hohenzollern (Baden-Württemberg): Studium der Germanistik und der Klassischen sowie mittellateinischen Philologie in Tübingen und München, 1967 dort Promotion über einen lateinischen Autor des Mittelalters; Assistent bzw. zuletzt Akademischer Rat an den Mittellateinischen Seminaren der Universitäten Erlangen und Marburg a.L.; seit 1981 Professor für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Georg-August-Universität Göttingen, seit 2000 im Ruhestand. Zahlreiche Veröffentlichungen zur lateinischen Literatur der Karolingerzeit, des Hochmittelalters und des Humanismus. Forschungsschwerpunkt: das lateinische Theater der Jesuiten. Seit 1991 Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.