Über mehrere Jahrzehnte sammelte und dokumentierte Ludwig Ohlenroth (1892–1959) italische Terra Sigillata mit Applikenverzierung aus über 100 Museen insbesondere in Deutschland und Italien. Sein unveröffentlichter Katalog umfasst über 800 Einzelmotive mit ausführlichen Beschreibungen und detaillierten Zeichnungen. Darunter finden sich teilweise extrem seltene, oft nur in Einzelstücken bekannte und bislang häufig unpublizierte Motive ebenso wie massenhaft belegte Bilder von Delfinen, Masken oder Rosetten. Auch über 60 Jahre nach Ohlenroths Tod geben seine Aufzeichnungen einen einmaligen Überblick über die Vielfalt und künstlerische Qualität der Applikenverzierung auf italischer Terra Sigillata.
Der 1892 in Augsburg geborene und dort 1959 verstorbene Ludwig Ohlenroth war nicht nur über mehrere Jahrzehnte als Ausgräber und Denkmalpfleger vor allem in Augsburg und Kempten tätig, sondern beschäftigte sich auch intensiv mit römischer Keramik. Zahlreiche Reisen führten ihn in Museen u. a. in Deutschland und Italien, in denen er frühkaiserzeitliche bleiglasierte Gefäße, Aco-Becher und Sarius-Schalen zeichnete und katalogisierte. Im Zentrum seines Forschungsinteresses stand jedoch die applikenverzierte italische Terra Sigillata, insbesondere die als Dekor verwendeten Motive. Bereits in den frühen 1920er Jahren begann Ohlenroth mit der Sammlung und Dokumentation applikenverzierter italischer Sigillata. 1937 publizierte er einen Artikel zu dieser Ware, in dem er sich zwar auf die entsprechenden Belege aus Raetien und Germanien beschränkte, jedoch immer wieder auf seine darüber hinaus gehenden Untersuchungen Bezug nahm. Diese setzte er bis in die 1950er Jahre fort, ohne sie allerdings abschließen zu können.
Auf mehr als 1200 Gefäßen dokumentierte Ohlenroth insgesamt über 900 unterschiedliche Applikentypen, die er in Motivgruppen unterteilte und ausführlich beschrieb. Darunter befinden sich nicht nur auf italischer Terra Sigillata häufig belegte Motive wie Masken bzw. Köpfe, Hunde und Löwen, Delfine, Rosetten oder verschiedene Blätter, sondern auch zahlreiche sehr seltene, oft nur in Einzelstücken nachgewiesene Darstellungen insbesondere figürlicher Art. Sie geben einen Eindruck von der Vielfalt und der künstlerischen Qualität der Applikenverzierung auf italischer Terra Sigillata. Darüber hinaus dokumentierte Ohlenroth die auf den Gefäßen belegten Töpferstempel und wenige Gefäße in Form von Profilzeichnungen.
Die Zeichnungen Ludwig Ohlenroths und sein ausführlicher Katalog, die lange Jahrzehnte als Nachlass im Bayer. Landesamt für Denkmalpflege unbeachtet geblieben waren, stehen im Zentrum des vorliegenden Bandes, der als auf einer breiten Materialbasis beruhendes Bestimmungswerk für die Motive applikenverzierter italischer Terra Sigillata dienen soll. Der von S. Schmid edierte Nachlass mit den gezeichneten Auflagen wird nun durch zahlreiche neue Farbfotos von Appliken, insbesondere von seltenen, bislang nicht publizierten und bekannten Darstellungen ergänzt. Hinzu kommen einleitende Beiträge von Schmid zu Leben und Werk Ohlenroths und zur Entstehung seiner Aufzeichnungen zu den Appliken. Ein umfangreiches Kapitel von Schmid gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand der applikenverzierten italischen Sigillata, u. a. zur Chronologie und Herstellung. Dabei zeigt sich, dass viele von Ohlenroth vor über 80 Jahren angestellte Überlegungen auch heute noch Gültigkeit besitzen.
Michael Mackensen (*1949) studierte von 1969 bis 1977 Provinzialrömische Archäologie, Vor- und Frühgeschichte und Alte Geschichte in München, Freiburg und Oxford. Nach Magister (1974), Promotion (1977), Reise- und Forschungsstipendien des Deutschen Archäologischen Instituts (1977/80) sowie Mitarbeit bei den DAI-Grabungen Karthago (Tunesien) und Resafa (Syrien) war er von 1982–1994 wiss. Mitarbeiter an der Bayer. Akademie der Wissenschaften mit Ausgrabungsprojekten in Bayern (u. a. Nersingen, Kellmünz) und einem Survey-Projekt in El Mahrine (Tunesien). Nach der Habilitation (1991/92) wurde er 1994 auf die C3-Professur für Provinzialrömische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München berufen und leitete Ausgrabungsprojekte in Tunesien (1998/99 Chemtou), Ägypten (2001/02 Deir el-Bachit; 2005–2017 Nag al-Hagar) und Libyen (2009/10 Gheriat el-Garbia, LMUexcellent-Projekt am limes Tripolitanus). 1989 erhielt er den Kurt-Bittel-Preis für Süddeutsche Altertumskunde, 2010 den Preis für gute Lehre des Freistaats Bayern und 2013 den LMU Lehrinnovationspreis. Ende März 2015 wurde er pensioniert. Seit 2009 ist er Herausgeber der Münchner Beiträge zur Provinzialrömischen Archäologie.
Sebastian Schmid (*1982) studierte Provinzialrömische Archäologie, Alte Geschichte und Spätantike und Byzantinische Kunstgeschichte in München, Bern und Aix-en-Provence. Nach seiner Magisterarbeit zu den römischen Fibeln aus Wien (Österreich) (2009, Publikation 2010) und seiner Dissertation zum römischen Kastell Arelape/Pöchlarn (Österreich) (2017, Publikation 2020) untersuchte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Provinzialrömischen Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München die Heiligtümer von Gheriat el-Garbia (Libyen) sowie römische Keramik aus Surveys im tripolitanischen Wadi N’f’d (Gasr Isawi) und in Gheriat el-Garbia; hinzu kommen monographische Untersuchungen der italischen Terra Sigillata aus Iuvavum/Salzburg (zus. mit M. Gschwind) und Cambodunum/Kempten. Zurzeit ist er als freiberuflicher Archäologe tätig. Forschungsschwerpunkte sind militärische Befestigungen und die materielle Kultur der römischen Kaiserzeit im Donauraum und in Nordafrika.
Ludwig Ohlenroth (1892-1959) studierte Rechtswissenschaften, Klassische Archäologie und Kunstgeschichte in München, Erlangen und Genf. Von 1922-1932 war er als Konservator am Maximilianmuseum Augsburg angestellt. Anschließend leitete er bis 1940 zahlreiche Ausgrabungen in Bayerisch Schwaben (u. a. in Kempten, Baisweil und Schlingen), bis er zum 3. Gauheimatpfleger des Gaues Schwaben ernannt wurde. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges war er schließlich von 1947 bis zu seinem Tod erneut für die Stadt Augsburg für die archäologische Bauaufsicht zuständig. Neben seinen vor allem für Kempten und Augsburg grundlegenden feldarchäologischen Untersuchungen beschäftigte sich Ohlenroth insbesondere mit römischer Keramik, vor allem italischer Terra Sigillata und verschiedener Feinkeramik der frühen Kaiserzeit.