Kilikien, am südlichen Rand Kleinasiens gelegen, war ein besonderer Ort, dessen strategische Lage den Austausch künstlerischer und religiöser Ideen begünstigte. Die Gegend wurde lange Zeit vor allem mit dem berühmten Pilgerort des Theklaheiligtums bei Seleukeia am Kalykadnos oder mit der Figur des Hl. Paulus von Tarsos in Verbindung gebracht. Ihre historische Landschaft war jedoch in der frühbyzantinischen Zeit durch zahlreiche weitere Heilige geprägt, deren Verehrung Spuren in literarischen, epigraphischen und archäologischen Quellen hinterließ.
In der vorliegenden Arbeit werden unter Berücksichtigung der landschaftlichen Merkmale der Region eine detaillierte archäologische Analyse mit der Interpretation hagiographischer Quellen (von denen viele bisher unerforscht und unübersetzt waren) kombiniert, um die Gestaltung und den Einfluss der kilikischen Pilgerorte zu rekonstruieren. Die Reise eines fiktiven Pilgers in der Spätantike bildet den Rahmen für die Darstellung der archäologischen Untersuchungen und führt den Leser vom rauen Bergland in die Ebenen Kilikiens, um so zu entdecken, wie Heiligkeit erfahren wurde, die von einem besonderen Umgang mit der Natur geprägt ist.
Cilicia as Sacred Landscape in Late Antiquity ist eine Entdeckungsreise durch die reiche religiöse Landschaft der kleinasiatischen Region Kilikien in der Spätantike mit ihren kontrastreichen und faszinierenden Naturlandschaften. Berühmte und wohlhabende Städte der Kilikia Pedias wie Tarsos oder Anazarbos nahmen Pilger aus den weiter entfernten Gebieten im Westen, die häufig auf dem Weg nach Jerusalem waren und von den berühmten Geschichten über kilikische Heilige und insbesondere den Apostel Paulus angezogen wurden. Darüber hinaus beherbergten die rauen Berge, die den westlichen Teil Kilikiens (die sogenannte Isauria) prägten, Kultstätten lokaler Märtyrer, die wie der heilige Konon manchmal auch international verehrt wurden. Das Gedenken an die heilige Thekla wurde in Kilikien besonders aufrechterhalten. Ihr Wallfahrtsort befand sich einige Kilometer südlich der Stadt Seleukeia am Kalykadnos.
Das vorliegende Buch zielt darauf ab, alle archäologischen und architektonischen Zeugnisse (Baureste, Inschriften, Dekor, Mosaiken, Münzen) der Sakralbauten zu prüfen, die die Heiligenverehrung an den verschiedenen Orten bezeugen, und sie, wo dies möglich ist, mit den hagiographischen Zeugnissen, die uns vor allem die Aufenthalts- und Todesorte der Heiligen verraten, zu verbinden. Besondere Aufmerksamkeit ist sowohl den geographischen Merkmalen der Region gewidmet, die den Bau religiöser Strukturen an bestimmten Orten stark beeinflussten und deren Form prägten, als auch der historischen Rolle der Orte. Zahlreiche Kirchen wurden über früheren heidnischen Strukturen (Tempel, Thermen, Agora, Felsen- oder Wasserheiligtümer) errichtet. Im Zentrum des Buches stehen die Raumplanung (Straßen, Zugänglichkeit, Gebäude) der Martyria und der Wallfahrtsorte mit den damit verbundenen Veränderungen der Region, die Verehrung eines Heiligen, und die Organisation seiner Pilgerstätten. Ferner wird danach gefragt wie bestehende Strukturen zur Sakralität eines Ortes beigetragen haben und eine Kontinuität mit der Vergangenheit boten und schließlich wie die besondere Beziehung zwischen Sakralität und Natur architektonisch inszeniert war.
Dieser Band konzentriert sich also auf den spätantiken Prozess der Schaffung sakraler Räume in einer marginalen, aber stark bereisten Region Kleinasiens. Durch die Verknüpfung der architektonischen und archäologischen Analyse von christlichen Kirchenbauten und Martyrien mit literarischen Quellen, soll die sakrale Landschaft einer unterschätzten Region durch die Brille eines Pilgers rekonstruiert werden und einen Beitrag zum Verständnis des Pilgernetzwerks auf dem Weg nach Jerusalem leisten.
Arabella Cortese, born in 1983 in Pisa, studied archaeology at the University of Pisa and earned her doctorate in Late Antique and Byzantine Art History at Ludwig Maximilians University, Munich (2016–20). Between 2017 and 2020, she worked as a research assistant at the University of Regensburg (DFG-GRK 2337 – Metropolität in der Vormoderne) and, since July 2021, has been working on her postdoctoral project “Holy Water in Late Antiquity: Sensory Experiences at the lieux de mémoire of Christian Healing Traditions” at the Zentralinstitut für Kunstgeschichte in Munich.
In 2020, she published the proceedings of a conference organized in Munich in May 2018 on her research topic “Cilicia in Late Antiquity” as Identity and Cultural Exchange in Ancient Cilicia: New Results and Future Perspectives, International Colloquium 18-19 May 2018 in Munich, Mitteilungen zur Spätantiken Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte 7, (Reichert Verlag, Wiesbaden 2020). In 2022, Cortese published two other books: the conference volume Urban Space Between the Roman Age and Late Antiquity: Continuity, Discontinuity, and Changes (Schnell & Steiner Verlag, Regensburg 2022) together with Giulia Fioratto, and a book on the architectural history of the medieval church of S. Andrea in Foriporta in Pisa (A. Cortese, La chiesa di Sant'Andrea in Foriporta a Pisa. Dal rilievo alle fasi costruttive, Pacini Editore, 2022 e-book).
In addition to late antique and Byzantine sacred architecture, other research interests include early Christian cults of saints and martyrs, the staging of sanctity in Late Antiquity, and late antique urban space, sites of memory, and sacred landscape in Asia Minor and the Near East.
Diese Schriftenreihe widmet sich speziell den Forschungen zur Christlichen Archäologie und Kunstgeschichte in spätantiker und frühchristlicher Zeit. Sie umfasst die gesamte Epoche der Spätantike bis zum frühen Mittelalter, im Bereich des byzantinischen Reiches auch darüber hinaus.
Die Reihe ist überkonfessionell und ohne Bindung an bestehende Institutionen, arbeitet jedoch mit der „Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie zur Erforschung spätantiker, frühmittelalterlicher und byzantinischer Kultur“ zusammen. Sie konzentriert sich vor allem auf die Kunstdenkmäler und versteht sich daher nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu schon bestehenden Reihen, die in der Regel nicht nur die materielle Hinterlassenschaft der alten Kirche, sondern stets auch literarische, theologische und philologische Themen behandeln.
Einer klareren Zuordnung und einer größeren Bandbreite der verschiedenen Disziplinen wegen wurden zwei Unterreihen eingerichtet:
Die Reihe A „Grundlagen und Monumente“ setzt sich schwerpunktmäßig mit einzelnen Denkmälern bzw. Denkmalgruppen im Sinne einer korpusartigen Erfassung der Denkmäler auseinander.
In der Reihe B „Studien und Perspektiven“ werden einerseits Vorträge der Tagungen der „Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie“ publiziert, andererseits bietet sie ein Forum für Untersuchungen zu den verschiedensten Fragen aus dem Gebiet der spätantiken/byzantinischen Archäologie und Kunstgeschichte.