Die Monographie behandelt das hallstattzeitliche Gräberfeld von Immendingen-Mauenheim (Kr. Tuttlingen) mit 23 Grabhügeln und mindestens 10 kleinen Brandgräbern sowie die fünf Tumuli umfassende Nekropole von Engen-Bargen (Kr. Konstanz). Beide Fundorte liegen etwa 700 m voneinander entfernt im nördlichen Hegau, wenige Kilometer südlich der Donau. Die Arbeit basiert auf einer Dissertation der 1970er Jahre und wird ergänzt durch neue Untersuchungen, die sich ausgesuchten Fundstücken und sozialen wie wirtschaftlichen Aspekten widmen. Archäozoologische Auswertungen der Tierbeigaben aus den Gräbern, anthropologische Analysen der Skelette sowie Forschungen zur Mobilität und zum Ernährungsstatus von Menschen und Tieren vervollständigen die Beiträge zur Rekonstruktion eisenzeitlicher Lebensverhältnisse in Südwestdeutschland.
Die etwa 700 m voneinander entfernt liegenden Grabhügelfelder von Immendingen-Mauenheim und Engen-Bargen im nördlichen Hegau wurden zwischen 1958 und 1969 archäologisch vollständig untersucht. Beide Grabhügelfelder erlaubten stratigrafische Beobachtungen von relativchronologischer Relevanz und damit auch Erkenntnisse zu ihrem Belegungsablauf. Der von Ha C bis Ha D3 belegte Mauenheimer Friedhof repräsentiert die Grabstätte einer bäuerlichen Gemeinschaft. Auch wenn Überlieferungslücken bestehen, dürften sich in dem Friedhof keine Gräber mit außergewöhnlich reichen Beigabenausstattungen befunden haben. Gleichwohl stellen etwa späthallstattzeitliche Frauenbestattungen mit Wagenbeigabe oder mit einem aus dem italischen Raum stammenden Spinnrocken Besonderheiten dar, die das Augenmerk auf die Rolle vornehmer Frauen während der Späthallstattzeit richten.
Die Datierung der Mauenheimer Gräber zeigt die stärkste Belegung des Friedhofs in Ha C/D1 an, während sie bis zum Ende der Späthallstattzeit deutlich abnimmt.
Anthropologische, archäozoologische und bioarchäologische Analysen ergänzen die archäologische Auswertung. Bemerkenswert ist, dass das mittlere Sterbealter der erhaltenen Skelette aus Mauenheim deutlich über dem der brandbestatteten Individuen, aber auch über dem des nahe gelegenen Magdalenenbergs bei Villingen liegt. Die Analysen von Stickstoff- und Kohlenstoffisotopen belegen eine Mischernährung aus pflanzlichen und tierischen Komponenten. Für eine Reihe Erwachsener beiderlei Geschlechts ist ein verstärkter Konsum von Fleisch oder Milchprodukten anzunehmen. Ortsfremde Individuen wurden in oder bei großen Hügeln an der westlichen und östlichen Peripherie des Gräberfeldes beigesetzt. Möglicherweise erfolgte die Organisation des Friedhofs zumindest partiell unter Berücksichtigung sozialer Beziehungen.
Bemerkenswert ist, dass im benachbarten Gräberfeld von Bargen während der Frühlatènezeit neue Hügel angelegt wurden. Die bis auf eine Ausnahme in Lt A datierenden Gräber enthielten Kleidungszubehör sowie vereinzelt Waffen. Außer wenigen verbrannten Knochen in Grab 4 von Hügel E ist kein Skelettmaterial erhalten. Brandbestattungen sind in frühlatènezeitlichen Hügelgräbern selten und stehen in der Regel mit sehr reich ausgestatteten Grablegen in Verbindung. Außergewöhnlich ausgestattet dürfte auch das beraubte Grab 1 in Hügel E gewesen sein, dessen Grabkammermaße an die des prunkvollen Nebengrabes im Kleinaspergle heran reichen.
Die Bargener Bestattungen kennzeichnen, soweit beurteilbar, für Südwestdeutschland überdurchschnittliche Grabausstattungen. Ob vielleicht die vormals in Mauenheim bestattende Gemeinschaft ihre Toten später in Bargen begrub, ist derzeit nicht zu klären.
„(Die Monographie) bietet (...) die lange vermisste Veröffentlichung der älteren, guten archäologischen Materialvorlage und Fundbearbeitung von L. Wamser, die nun umfassend durch moderne naturwissenschaftliche Untersuchungen bereichert wurde. Dadurch werden Mauenheim und Bargen zu einem Referenzpunkt für künftige Forschungen zur frühen Eisenzeit in Süddeutschland.“
Von Valeska Becker und Frank Siegmund
In: Archäologische Informationen 41, 2018, S. 377-381
Prof. Dr. Ludwig Wamser, studierte in Freiburg und Tübingen Vor-und Frühgeschichte, Provinzialrömische Archäologie und Anthropologie und promovierte 1972 mit dem vorliegenden Werk bei Prof. Sangmeister in Freiburg. Es folgten Stationen an der Ruhr- Universität-Bochum als Assistent sowie als Referent beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, dessen Außenstelle Nürnberg er ab 1974 leitete. In diese Zeit fiel die Ausgrabung der großen Thermen von Weißenburg in Bayern. Der Wechsel nach Würzburg 1977 brachte ihn wieder eisenzeitlichen Themen nahe, wie die der Ausgrabung des berühmten Gräberfeldes Großeibstadt II. Zudem konnte er die Ergebnisse seiner Arbeit in der großen Jubiläumsausstellung „Schätze aus Bayerns Erde. 75 Jahre archäologische Denkmalpflege in Bayern“ im Mainfränkischen Museum präsentieren. Seine Tätigkeit in Unterfranken war geprägt von den vielen Neuentdeckungen der in Bayern systematisch betriebenen Luftbildarchäologie. So beschäftigte er sich mit neolithischen Kreisgrabenanlagen und Erdwerken, hallstattzeitlichen Herrenhöfen und spätkeltischen Viereckschanzen. Dazu gehörte auch die Entdeckung des römischen Zweilegionenlagers in Marktbreit. Seit 1979 gab er sein Wissen auch im Rahmen von Lehraufträgen weiter und war Mitinitiator der Teilnahme der Region am DFG-Schwerpunktprogramm „Romanisierung“. Von 1995 bis zu seiner Pensionierung 2010 war Wamser Leitender Direktor der Prähistorischen Staatssammlung, heute Archäologische Staatsammlung, in München. In diese Zeit fielen bedeutende Ausstellungen wie „Die Welt von Byzanz – Europas östliches Erbe“ 2004 oder „Herculaneum – die letzten Stunden“ im Jahre 2006. Wamser entwickelte zahlreiche Zweigmuseen weiter, weil er Wert auf die Präsenz in der Fläche legte und rundete einige konzeptionell ab wie das „kelten römer museum manching“. Entsprechend seinen wechselnden Tätigkeiten veränderten sich auch seine Forschungsinteressen, die nun auch der Archäologie des Mittelalters galten. So widmete er sich u.a. der Industriearchäologie, der Burgen- und Schlösserforschung sowie dem Wirken historischer Gestalten wie Ludwig Schwanthaler oder Ludwig I.
Wolfgang Löhlein M. A., geb. 1961, Studium der Vor- und Frühgeschichte und Philosophie in Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Mitteleuropäische Metallzeiten, Geschichte archäologischer Wissenschaften, Megalithkultur. Lebt als freiberuflicher Archäologe in Lörrach.
Die „Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg “ erscheinen ab 2016 als neue, hochwertige monographische Reihe des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart. Die neue Reihe vereint die drei etablierten archäologischen Reihen des Landesamts (Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte, Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters sowie die Materialhefte zur Archäologie), die sich inzwischen inhaltlich und in ihrem Umfang kaum mehr voneinander unterscheiden, in einem neuen, modernen Design.
In der Reihe erscheinen in erster Linie Monographien, daneben aber auch Sammelwerke wie z. B. Tagungsbände. Die publizierten Forschungsergebnisse resultieren vor allem aus archäologischen Ausgrabungen der Landesdenkmalpflege, die häufig im Rahmen von akademischen Abschlussarbeiten aufgearbeitet wurden. Thematisch wird die Archäologie in ihrer gesamten zeitlichen Tiefe abgedeckt, von der Vor- und Frühgeschichte über die Provinzialrömische Geschichte und das frühe Mittelalter bis zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. Die neue Reihe ist das wissenschaftliche Aushängeschild der archäologischen Denkmalpflege in Baden-Württemberg.