Neun Essays über individuelle arabische und persische Autoren innerhalb des 9. bis 17. Jahrhunderts (Abbasidische bis Safavidische Dynastie) an Herrscher oder führende Persönlichkeiten gerichtet untersuchen, wie eben diese Autoren Literaturtradition instrumentalisierten oder rekreierten um sich selbst Autorität zu verschaffen, eigene Bedingungen und Bestrebungen zu erfüllen sowie dem Empfänger zu genügen.
Im Orient der Vormoderne war Literatur einen wichtiges Medium Herrschern und anderen führenden Persönlichkeiten didaktische, ethische sowie ideologische Anliegen zu vermitteln. Gegenüber der ungleich größeren Macht fürstlicher Mäzene umgaben sich Schriftsteller mit der Autorität des religiösen Rechts oder ethischer Ideale und stellten Wert und Verbreitung ihrer eigenen Kunst heraus. Ein solcher Autor schmiedete in der Tat einen „Vertrag“ der den Herrscher an ein spezifisches Bild seiner selbst band. Gelegentlich kritisierte der Verfasser seinen Adressaten explizit in Form eines Fluches, oder er implizierte den Kommentar in historischem Exempel oder mundus inversus Satire. Hierzu manipulierten Schriftsteller gemäß ihrer Intentionen bestehende Literaturgattungen (u.a. Trauergedicht, Lobqaṣīde, Vierzeiler, ghazal, Sendschreiben, Ahkām sulṭāniyya, Historiografie und Fürstenspiegel) oder schufen diese neu. Dabei ging es für den Schriftsteller sehr oft um Gewinn, um einen Namen zu Lebzeiten und einen Platz in der Literaturgeschichte. Herrscher dagegen erhielten die Gelegenheit zur öffentlichen Zurschaustellung ihrer Bildung und Großzügigkeit, Embleme vorbildlicher Staatskunst, und erhofften sich weiterhin fortdauerndes Gedächtnis ihrer selbst und ihrer Dynastie. Neun Essays verfolgen diese Problematik in bestimmten historischen Umständen zwischen dem neunten und siebzehnten Jahrhundert (Abbasidische bis Safavidische Dynastie) in einem geographischen Rahmen, der sich vom Iran bis nach Ägypten erstreckt.
In erster Linie will das Buch auf die herausragende und weit verbreitete öffentliche Funktion arabischer und persischer Literatur hinweisen. In einer breitgefächerten Auswahl von Artikeln erforscht der Band die Wirkung von Literatur sowohl in spezifischen Milieus als auch über gattungsspezifische, regionale und dynastische Grenzen hinaus. Statt eines Versuches das Thema umfassend zu behandeln — eine solche Studie fehlt bis heute — ist dieses Sammelwerk dazu bestimmt Arabisten und Iranisten eine Serie von Einzelstudien an die Hand zu geben und gleichzeitig einem breiteren Lesepublikum die Relevanz arabischer und persischer Literatur für die politische Führung vor Augen zu führen. Eine allgemeine Einführung und zwei ausführliches Indices erleichtern Nichtspezialisten den Zugang.
Diese Reihe stellt innovative Arbeiten zu den nahöstlichen Literaturen in ihren verschiedenen Epochen und Gattungen vor. Sie versteht sich nicht ausschließlich als ein Forum für Orientwissenschaftler, sondern möchte auch Komparatisten, Literaturwissenschaftlern und einer interessierten Öffentlichkeit Einblicke in das breite Spektrum gegenwärtig produzierter und rezipierter Literatur des Nahen Ostens bieten.
Denn die Herausgeberinnen, Autorinnen und Autoren wollen den Titel der Reihe programmatisch verstanden wissen. Sie gehen von einem Begriff der Weltliteratur aus, der die orientalischen Literaturen nicht nur statisch einbegreift, sondern sie in ein Kulturregionen und Nationalsprachen übergreifendes Spannungsfeld stellt, dessen Dynamik erst im interdisziplinären Austausch erfasst werden kann. Sie gehen ferner davon aus, dass Literaturen in vielfacher Weise intertextuell geprägt sind, dass sie Lektüren verschiedenster vorausgehender Texte darstellen und daher erst in ihrem „lokalen historischen Kontext“ ihren Reiz als Ausdruck einer regional geprägten Ästhetik entfalten können. Die Reihe versucht so, einer neuen Sensibilität für mythische, archetypische, aber auch historische Subtexte in der nahöstlichen Literatur Bahn zu brechen, sie aber gleichzeitig als wichtigen Ausdruck einer globalen kulturellen Mobilität sichtbar zu machen.