Die Studie „Musik - Biografie - Therapie“ ist ein Forschungsbeitrag zur Berufsbiografie von Musiktherapeuten; sie nimmt sich der musikalischen Entwicklung angehender Musiktherapeuten vom Beginn ihres Lebens bis zum Eintritt in das Studium an. Die Studie basiert auf acht narrativen Interviews mit Studierenden in ihrem ersten Studiensemester. Die Folgerungen, die aus den Ergebnissen der umfangreichen Datenaufbereitung gezogen werden, sind ein eindringliches Plädoyer dafür, sich der Identität und Rolle des Musikers im Musiktherapeuten stärker als bisher geschehen anzunehmen und verpflichtet zu fühlen.
Die Studie „Musik - Biografie - Therapie“ ist ein Forschungsbeitrag zur Berufsbiografie von Musiktherapeuten. In ihr wird untersucht, welche musikalische Entwicklung angehende Musiktherapeuten von Beginn ihres Lebens an nehmen und wie ebendiese Entwicklung sie in den späteren Beruf des Musiktherapeuten hineinführt. Als Standort wird also explizit die Musiker-Identität in der Musiktherapeutenrolle in den Blick genommen. Damit eröffnet sich ein thematisches Terrain, das trotz jahrzehntelanger Entwicklung der professionellen Musiktherapie in Theorie, Praxis, Forschung und allen Ausbildungsfragen immer noch stiefmütterlich behandelt wird und nicht konfliktfrei ist.
Die Studie basiert auf acht narrativen Interviews, die mit Studierenden der Musiktherapie zu Beginn ihres Studiums geführt wurden. Das umfangreiche Datenmaterial wird in drei Auswertungsschritten aufbereitet; die Darstellung erfolgt als Fallportraits, als fallübergreifende generalisierende Analyse und als Rekonstruktion unter einer persönlichkeitstheoretischen Leitkategorie. Das theoretische Vorwissen erschließt sich über das (zugleich als These gesetzte) Faktum von Musiktherapie als Musikberuf, den es als einen solchen näher zu bestimmen gilt. Darin eingeschlossen sind Fragestellungen zu den Zugangswegen und Zugangsweisen; sie stellen sich dar als Synthese aus musikalischer Sozialisation und Entwicklung, musikalischer Begabung, Persönlichkeitsfaktoren und biografischen Konstellationen. Hintergrund der Betrachtungen ist die Frage, ob es musikbezogen eine personspezifische „Passung“ zwischen den Berufsanforderungen und deren Gestaltungsmöglichkeiten auf der einen Seite und der (vielleicht lebenslangen) Entwicklung der musikalischen Person auf der anderen Seite gibt.
Die Folgerungen, die aus den Ergebnissen der Datenaufbereitung gezogen werden, sind ein eindringliches Plädoyer dafür, sich der Identität und Rolle des Musikers im Musiktherapeuten stärker als bisher geschehen anzunehmen und verpflichtet zu fühlen. Denn nur wenn diese Facetten sich angemessen zeigen, wird das Eigene und Spezifische der Fachlichkeit deutlich, und das dürfte der sicherste Weg zur professionellen Anerkennung der Musiktherapie sein.
Allen zukünftigen, werdenden und bereits tätigen Musiktherapeuten soll das Buch Lust machen, sich mit der eigenen Musikerpersönlichkeit auseinander zu setzen und sie und damit sich selbst neu und anders zu verstehen.
„Als eines von vielen Ergebnissen kommt Almut Seidel zu dem Schluss, dass der Wunsch, Musiktherapie zu studieren, auf ein Zusammenspiel von zwei Entwicklungslinien schließen lässt. Nämlich, dass „... musikalische Entwicklung und Persönlichkeitsentwicklung unlösbar und auf spezifische Weise zusammenkommen.“ Ein Nebeneffekt dieses Buches: Sicherlich setzt sich der Leser gleichzeitig mit seiner eigenen Motivation zur Berufswahl auseinander.“
Von Elena Fitzthum
In: Musiktherapeutische Umschau. 31 (2010). 1. S. 61-62.
Almut Seidel, Prof. Dr. phil.
Studium der Schulmusik, Musikwissenschaft, Romanistik, Pädagogik, Psychologie und Soziologie. Diplompädagogin, Musiktherapeutin BVM, Supervisorin DGSv. Vortrags-, Publikations- und Forschungstätigkeit (Musiktherapie mit Kindern, mit suchterkrankten, mit krebserkrankten und mit alten Menschen, Ausbildungsstrukturen). Von 1971 bis 2006 tätig an der Fachhochschule Frankfurt, seit 1988 als Leiterin der Weiterbildung bzw. des späteren Masterstudiengangs Musiktherapie. Berufspolitische Tätigkeit im erweiterten Vorstand des ehemaligen Berufsverbands der Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten in Deutschland e.V. (BVM), jetzt Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft (DMtG). Ehrenmitgliedschaft seit 2006.