Der Fundplatz Burghöfe ist vor allem als römischer Kastellstandort und weniger für den mittelalterlichen Burgstall bekannt. Ausgrabungen von 2001 bis 2007 rücken nun auch die mittelalterliche Geschichte des Platzes in ein neues Licht. Bereits im 9. oder 10. Jahrhundert entstand an der Stelle des spätrömischen Kastells ein befestigter Herrenhof, der im 11. Jahrhundert zu einer Burg mit Wohnturm ausgebaut wurde. Im 12. Jahrhundert zählte diese unter dem Namen „Turenberc“ zu den staufischen Tafelgütern. Erst im 13./14. Jahrhundert wandelten die Pappenheimer, Wittelsbacher und Waler die Befestigung in eine kleine, kompakte Adelsburg um, von der heute noch die imposanten Gräben und der Wirtschaftshof erhalten sind.
Obwohl Bayern einen riesigen Bestand an mittelalterlichen Burgen, Ruinen und Burgställen aufweist, wurde nur ein geringer Teil dieser Anlagen archäologisch untersucht. Besonders bezüglich der Genese der mittelalterlichen Adelsburg bestehen noch viele offene Fragen, auch wenn die Forschung in den letzten Jahren große Fortschritte bei deren Klärung erzielen konnte. Das Hauptinteresse galt vor allem wichtigen Dynastenburgen, die aber für die Masse der meist nur lokal bedeutenden Adelssitze nicht repräsentativ sind.
Bei der Untersuchung des spätrömischen Kastells „Submuntorium“/Burghöfe bei Mertingen waren erste Einblicke in die Frühzeit des dortigen Burgstalls zu gewinnen, von dem außer einigen Metallfunden des älteren und hohen Mittelalters kaum etwas bekannt war. Dies bot die Möglichkeit, die Entstehung und Entwicklung einer kleinen Adelsburg zu erforschen.
Ziel dieser Arbeit ist die Vorlage der mittelalterlichen Befunde und Funde und deren Einbindung in einen lokalhistorischen Kontext. Bewusst wurde ein Schwerpunkt auf die typologisch-chronologische Einordnung des umfangreichen Fundmaterials gelegt, das in Zukunft einen wichtigen Referenzkomplex für Siedlungsfunde im nördlichen Bayerisch-Schwaben mit einer zeitlichen Spannweite vom späten 7. bis in das 15. Jahrhundert darstellen dürfte.
Trotz der kleinflächigen archäologischen Aufschlüsse kann anhand der Befunde und Funde in Kombination mit geophysikalischen Messdaten, topographischen Beobachtungen und Analogieschlüssen die Entstehung der Burganlage aus einem befestigten karolingisch-ottonischen Herrenhof heraus skizziert werden. Der ausführliche Vergleich mit Burgen und Pfalzen des älteren und hohen Mittelalters vornehmlich aus Süddeutschland belegt, dass die Befestigung des 9. bis 11. Jahrhunderts eher wirtschaftlich als militärisch ausgerichtet war. In ihrer Grundstruktur besitzt die Anlage nur wenige Parallelen. Diese mehrere Hektar große „curtis“ wurde unter Beibehaltung der gesamten Fläche bis in das ausgehende 12. Jahrhundert sukzessive zu einer Burg ausgebaut und dürfte aus historischen Erwägungen heraus mit dem im königlichen Tafelgüterverzeichnis genannten „Turenberc“ zu identifizieren sein, das dem staufischen Markt- und Pfalzort Donauwörth als Versorgungshof zuzuordnen ist. Erst ab dem 13. Jahrhundert, mit dem Übergang der „Turenberc“ oder Druisheim genannten Burg an verschiedene lokal begüterte Adelsgeschlechter, namentlich der Pappenheimer, Wittelsbacher und Waler, folgt die Bauentwicklung der Burg den regionaltypischen Tendenzen.
Die unerwarteten Ergebnisse bereichern die Kenntnis des Burgenbaus nicht nur im unteren Lechtal erheblich, sondern stellen auch für die Burgenlandschaft Bayern einen großen Gewinn dar. Ein numismatischer Beitrag von B. Päffgen zu einem karolingischen Denar aus Burghöfe rundet die vorliegende Publikation ab.
„Ziel dieser Arbeit ist die Vorlage der mittelalterlichen Befunde und Funde und deren Einhindung in einen lokalhistorischen Kontext. Bewusst wurde ein Schwerpunkt auf die typologisch-chronologische Einordnung des umfangreichen Fundmaterials gelegt, das in Zukunft einen wichtigen Referenzkomplex für Siedlungsfunde im nördlichen Bayrisch-Schwaben mit einer zeitlichen Spannweite vom späten 7. bis in das 15. Jh. darstellen dürfte. Trotz derr kleinflächigen archäologischen Aufschlüsse kann anhand der Befunde und Funde in Kombination mit geophysikalischen Messdaten, topographischen Beobachtungen und Analogieschlüssen die Entstehung der Burganlage aus einem befestigten karolingisch-ottonischen Herrenhof heraus skizziert werden. (...) Die unerwarteten Ergebnisse bereichern die Kenntnis des Burgenbaus nicht nur im unteren Lechtal erheblich, sondern stellen auch für die Burgenlandschaft Bayern einen grossen Gewinn dar. Ein numismatischer Beitrag von Bernd Päffgen zu einem karolingischen Denar aus Burghöfe rundet die vorliegende Publikation ab.“
In: Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 15. Jahrgang, 2010/4, S. 146.
Christian Later studierte Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, Mittelalterliche Geschichte und Paläoanatomie in München und Kiel und schloss 2004 an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Magister Artium ab. Bereits während seines Studiums und danach war er an zahlreichen Grabungsprojekten vor allem im süddeutschen Raum beteiligt, wozu auch jenes zum spätrömischen Militärplatz Burghöfe der Münchner Provinzialrömischen Archäologie gehört. Derzeit schreibt er an seiner Doktorarbeit über die Propstei Solnhofen im Altmühltal. Seine Forschungsinteressen umfassen mittelalterliche Sachkultur des 8. bis 15. Jahrhunderts, frühes Christentums vor 1000 in Süddeutschland und die Archäologie früh- und hochmittelalterlicher Burgen-, Kirchen- und Klosteranlagen in Mitteleuropa.