Erstmals wird der umfangreiche, vielfältige Bestand an spätrömischen Fibeln und Gürtelzubehör aus dem späten 3. bis in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. aus Augusta Vindelicum/Augsburg, der Hauptstadt der Provinz Raetia secunda, dokumentiert und einer antiquarisch-chronologischen Analyse unterzogen; untersucht werden auch die Kontexte und die Verbreitung im Stadtgebiet. Die Träger der sogenannten Zwiebelknopffibeln und der verschiedensten Gürtelbestandteile waren vorwiegend Beamte und Soldaten des spätrömischen Heeres. Die Funde bilden eine aussagekräftige Referenzgruppe für die Alpen- und Donauprovinzen, zudem liefern sie wichtige Hinweise für die Präsenz der römischen Verwaltung und des Militärs in Augsburg bis ins zweite Viertel oder sogar bis gegen Mitte des 5. Jahrhunderts n. Chr.
Augsburg zählt zu den wichtigsten spätantiken Fundplätzen in Deutschland und durch die Ausgrabungen der Stadtarchäologie Augsburg existiert ein großer Bestand an Fundmaterial. Die schriftliche Überlieferung zeigt, dass sich in der späten römischen Kaiserzeit nicht nur der Amtssitz des Statthalters (praeses provinciae Raetiae secundae) und des praepositus thesaurorum, des Vorstehers der kaiserlichen Magazine, dort befand, sondern auch die Reitergarde des Statthalters (equites stablesiani) hier stationiert war. Die materiellen Hinterlassenschaften aus dieser Zeit waren jedoch weitgehend unbekannt; nun ist es erstmals möglich, den umfangreichen und vielfältigen Bestand an spätrömischen Fibeln und Gürtelzubehör vom späten 3. bis in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. aus Augsburg vorzulegen. Neben der zeitlichen und räumlichen Einordnung des Trachtzubehörs ist es Ziel dieser Arbeit auf der Grundlage der antiquarisch-chronologischen Analyse mögliche Rückschlüsse auf die Stationierung von Militär zu diskutieren. Auch Fragen zur Bevölkerungszusammensetzung sowie zur Besiedlungsgeschichte werden erörtert. Darüber hinaus bilden die in ansprechender Form dokumentierten Funde eine aussagekräftige Referenzgruppe für die Alpen- und Donauprovinzen.
Das Fundmaterial stammt aus der Siedlung und den Gräberfeldern und umfasst neben 48 bronzenen Fibeln, darunter v. a. Zwiebelknopffibeln, 34 Teile von spätrömischen Gürteln aus Silber, Bronze und Eisen. Der antiquarischen Analyse sind jeweils Überlegungen zur Herstellungs- und Werkstattproblematik sowie eine Diskussion über die Träger der Zwiebelknopffibeln bzw. der Gürtel vorangestellt. Einen Schwerpunkt bei der antiquarischen Untersuchung bildet die Definition der Übergangsform Scharnierarm-/Zwiebelknopffibel: Innerhalb dieser Gruppe wird der Typ Richborough festgelegt, der vermutlich in den 70er und 80er Jahren des 3. Jahrhunderts n. Chr. in Richborough gefertigt wurde und mit einem Exemplar in Augsburg vertreten ist. Ferner wird die Gebrauchszeit der Zwiebelknopffibeln Typ Keller/Pröttel 3/4 A und B durch eine methodisch abgesicherte Untersuchung präzisiert.
Unter Berücksichtigung der Fundkontexte zeigt die chronologische Einordnung und die räumliche Verteilung der Fibeln und des Gürtelzubehörs, dass das gesamte Areal bis mindestens ins frühe 5. Jahrhundert n. Chr. bewohnt war. Aufgrund des Fundmaterials und mit Blick auf die equites stablesiani ist in Augsburg mit einer starken militärischen Präsenz zumindest ab tetrarchischer Zeit zu rechnen. Doch kommen auch andere, nur zeitweise stationierte Einheiten und Angehörige der Zivilverwaltung als Träger des antiken Trachtzubehörs in Frage.
„Erstmals wird der umfangreiche, vielfältige Bestand an spätrömischen Fibeln und Gürtelzubehör aus dem späten 3. bis in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr, aus Augusta Vindelicum/Augsburg, der Hauptstadt der Provinz Raetia secunda, dokumentiert sowie einer typologischen und chronologischen Analyse unterzogen.“
Von Dr. Rudolf Degen
In: helvetia archaeologica,Heft 175/176, Jahrgang 44.2013.
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„Die ungewöhnlich schnelle Publikation hat die in mehrfacher Hinsicht beachtenswerte Arbeit verdient. Schon die Konzentration auf ausgewählte spätantike Fibel- und Gürtelformen scheint zunächst ungewöhnlich, ist aber ausgesprochen sinnvoll, da diese Stücke der persönlichen Ausrüstung nicht nur besonders gut datierbar, sondern durch ihre Signifikanz als Symbole der sozialen und politischen Macht für historische Aussagen zum Statthaltersitz Augsburg besonders geeignet sind.
Neben der Auswahl der zu bearbeitenden Stücke und der dahinter stehenden Fragestellung besticht die Arbeit durch die genaue Beobachtungsgabe der Autorin, ihre sprachliche Sicherheit im Stil und die Ausführlichkeit der Einordnung der Stücke in ihren zeitlichen wie räumlichen Kontext. (...)
Insgesamt kann die Arbeit als beispielhaft gelten, da hier mit Hilfe einer relativ kleinen Gruppe inhomogener Funde (achtundvierzig Fibeln und vierunddreißig Gürtelteile) dank genauer Dokumentation und gründlicher Vergleiche, hauptsächlich aber dank guter Fragestellungen, nicht nur ausgesprochen interessante typologische Studien mit weit reichenden Folgen für die Typologie und Datierung einzelner Typen, sondern auch weiterführende Untersuchungen zur spätantiken Stationierung von Militär in der Raetia secunda gelungen präsentiert werden.
Die Arbeit ist ein Vorbild für die methodisch saubere archäologische Verifizierung historischer Quellen und wird hierin hoffentlich viele Nachahmer finden.“
Stefanie Hoss
In: Bonner Jahrbücher. 210/211 (2010/2011). S. 773-774.
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“Martina Paul, allieva di Michael Mackensen che dirige la collana in cui appare quest’opera, ha saputo continuare con grande attenzione e notevole approfondimento l’analisi di questo materiale, presentato in ottimi disegni. (...)
Il volume viene ad arricchire non solo la bibliografia su Augsburg, già resa importante dagli studi di Bakker e di Ortisi, ma costituisce un punto di riferimento fondamentale per lo studio della tarda antichità nell’Europa continentale.
Lo studio è ottimo per la Germania, ovvero, come onestamente riconosce l’A. (p. 34), è valido all’interno di un panorama già ampiamente indagato; sembra che ora i tempi siano maturi per affrontare il problema della diffusione e degli eventuali caratteri regionali delle ZkF e di altri elementi dell’abbigliamento, dalla Britannia al Caucaso, alla luce dei rinvenimenti che progressivamente si vanno pubblicando.”
Maurizio Buora
In: Bryn Mawr Classical Review. 2012.10.61
http://bmcr.brynmawr.edu/2012/2012-10-61.html (15. Januar 2013)
Martina Paul studierte von 2004 bis 2010 Provinzialrömische Archäologie, Vor- und frühgeschichtliche Archäologie und Alte Geschichte in München und schloss im Sommersemester 2010 an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Magister Artium ab. Sie ist Mitglied im strukturierten Promotionsprogramm Altertumswissenschaften (PAW) des Münchner Zentrums für Antike Welten (MZAW) und arbeitet zurzeit an ihrer Dissertation über die früh- und mittelkaiserzeitlichen Fibeln aus Augsburg. Neben ihrem Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet des römischen Trachtzubehörs nimmt sie an Grabungsprojekten der Provinzialrömischen Archäologie in Ägypten und Libyen teil.