Die Gräber des vorrömischen Capua sind für herausragende Funde bekannt, doch die Ausgrabungen in den Nekropolen dieses bedeutendsten Zentrums Kampaniens haben ein problematisches Erbe hinterlassen. In diesem Buch werden erstmals die bislang unbearbeiteten Befunde der so genannten etruskischen Periode aus der größten systematisch erschlossenen Nekropole in località Fornaci vorgelegt. Eine umfassende Analyse der Capuaner Bestattungssitten in der archaischen und frühklassischen Zeit gewährt die neue Einblicke in die soziale Organisation der Gemeinschaft und kollektive Identitäten und hinterfragt kritisch gängige historische Modelle.
Capua gehörte zu den ältesten und bedeutendsten Städten Kampaniens im Altertum. Bereits in der Eisenzeit gegründet, entwickelte sich die Siedlung ab dem Beginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. zur Stadt. Diese Phase der Urbanisierung und der künstlerischen Blüte wird historisch oft als die etruskische Periode Capuas bezeichnet. Einigen Schriftquellen zufolge sollen die Etrusker die Stadt gegründet oder kolonisiert haben. Die meist isolierten, aber oft spektakulären archäologischen Funde aus Capua aus dieser Zeit wurden zur Rekonstruktion einer etruskischen Herrschaft herangezogen.
Die bewegte archäologische Forschungsgeschichte des modernen Santa Maria Capua Vetere hat allerdings – insbesondere hinsichtlich der Nekropolen – ein problematisches Erbe hinterlassen. Das einzige systematisch freigelegte Gräberfeld in località Fornaci mit über 1500 Gräbern von der Eisenzeit bis zum Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. war trotz der herausragenden Bedeutung dieses Befundes bisher nur in Ausschnitten bekannt.
In diesem Buch werden nun die gesamten Befunde der letzten beiden Phasen V und VI (570 bis 400 v. Chr.) der Nekropole in località Fornaci vorgelegt. Die Auswertung der bislang unbekannten Grabungsdokumentation und der Funde erlaubt erstmals Einsichten in die räumliche Struktur der Nekropole sowie eine Einbindung der Objekte in ihren ursprünglichen Kontext. In einem Katalog werden Pläne der Nekropole, eine Beschreibung jedes Grabkontextes sowie eine fotografische und zeichnerische Dokumentation der Funde präsentiert.
Auf dieser signifikant erweiterten Befundbasis baut eine umfassende Analyse der Capuaner Bestattungssitten in der archaischen und frühklassischen Zeit auf. Eine Auseinandersetzung mit den methodischen und theoretischen Problemen der Gräberfeldanalyse schafft zunächst den Rahmen für die Untersuchung dieser spezifischen Nekropole und der mit ihr verbundenen Problematiken. In einem eigenen Kapitel werden alle älteren Quellen zu den Capuaner Nekropolen ausgewertet. Dazu gehören die Bestände in internationalen Museen und die überlieferten Befunde der Grabungen des 19. Jahrhunderts.
In der folgenden Gräberfeldstudie werden – in fünf Ebenen gegliedert –, die topografische Situation des Bestattungsplatzes, die innere Struktur der Nekropole, Grabbau und Bestattungsritus, Grabbausstattung und Grabritual sowie die Funde nach Klassen ausführlich beschrieben und diskutiert.
Diese kontextuelle Analyse erlaubt es Ellen Thiermann, anhand der Nekropolen eine microstoria der Gemeinschaft zu entwerfen. Diese spiegelt weniger vermeintliche Kolonisationsprozesse oder historische Ereignisse wider, sondern gewährt neue Einblicke in die soziale Organisation der Gemeinschaft, kollektive Identitäten und die Repräsentation der capuanischen Eliten.
Mit diesem ersten Band der neu gegründeten Reihe „Italiká“ wird ein bedeutender Beitrag zur Aufarbeitung des archäologischen Erbes des antiken Capua geleistet und werden innovative Wege in der Interpretation von Nekropolenbefunden beschritten.
Über diese Reihe:
Mit der neuen Reihe „Italiká“, die ausschließlich die Archäologie Altitaliens mit all ihren Bereichen zum Thema hat und damit einem rapide anwachsenden Forschungsinteresse entgegenkommt, schließt sich eine Lücke in der deutschsprachigen Bücherwelt. Das deutliche Profil ergab sich aus dem großen Interesse für die Archäologie des vorrömischen Italien in der deutschsprachigen Forschung und an der entsprechenden Zahl aktueller Qualifikationsarbeiten, zu denen auch die ersten drei konzipierten Bände gehören.
Die neue Reihe Italiká wird monographische Werke und thematisch einheitliche Sammelschriften aus allen Gebieten der Altertumskunde aufzunehmen, die sich im weitesten Sinne mit Quellen, Befunden und Funden zu den Bevölkerungsgruppen auf dem Territorium des heutigen Italien in vorrömischer Zeit befassen und methodisch und theoretisch innovative Ansätze bieten, die das weit gefächerte Spektrum der komplexen Welt der Kulturkontakte exemplarisch beleuchten.
„The notoriously difficlut task undertaken by Thiermann of sorting out old excavation documentation results is a well-structured and clearly-written book, which is ampy provided with sub-conlcusions and documentary material to support the author’s proposed interpretation. Thiermann’s detailed reconstruction of the evidence allows to build a nuanced historical narrative that constitutes an important work for Capua in general, but also in terms of Classical Archaeological methodology, by introducing innovative methods and theories into the sometimes sterile Classical Archaeological approaches. A very broad public interested in Etruscan culture and history, South-Italian archaeology and Classical funerary Archaeology will throroughly enjoy the fruits of Thiermann’s labour.“
Von: Lieve Donnellan (VU University, Amsterdam)
In: Histara les comptes rendus (ISSN 2100-0700); Link: http:// histara.sorbonne.fr/cr.php?cr=1870
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„Mit der neuen Reihe Italiká , die ausschließlich die Archäologie Altitaliens mit all ihren Bereichen zum Thema hat und damit einem rapide anwachsenden Forschungsinteresse entgegenkommt, schließt sich eine Lücke in der deutschsprachigen Bücherwelt. Das deutliche Profil ergab sich aus dem großen Interesse für die Archäologie des vorrömischen Italien in der deutschsprachigen Forschung und an der entsprechenden Zahl aktueller Qualifikationsarbeiten, zu denen auch die ersten drei konzipierten Bände gehören. Die neue Reihe Italiká wird monographische Werke und thematisch einheitliche Sammelschriften aus allen Gebieten der Altertumskunde aufzunehmen, die sich im weitesten Sinne mit Quellen, Befunden und Funden zu den Bevölkerungsgruppen auf dem Territorium des heutigen Italien in vorrömischer Zeit befassen und methodisch und theoretisch innovative Ansätze bieten.“
In:
http://www.fachbuchkritik.de/html/capua_grab_und_gemeinschaft.html--------------------------------------
„Insgesamt ist das Capua des 6. und 5. Jhs. v. Chr. auf der Basis dieser Arbeit wohl überhaupt erstmals einzuschätzen. Dies ist Thiermanns Vorgehen zu verdanken, nicht nur pauschale Kritik an dem sicherlich nicht unumstrittenen Ausgräber Werner Johannofsky zu äußern, sondern dessen Dokumentation auszuwerten, soweit es eben geht. Und es steht zu hoffen, dass der Befundlage dieser Nekropole rasch Befunde neuerer Grabungen mit besserer Grabungsmethode und Dokumentation an die Seite gestellt werden, von den hier in den Fußnoten oder auch anderen bei Thiermann angeführten italienischen Kollegen und Kolleginnen.“
Von Dr. Beat Schweizer
In: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 16 (2013) 1357-1368,
http://gfa.gbv.de/dr,gfa,016,2013,r,45.pdf------------------------------------------
„Die Autorin beschreibt anhand einer umfassenden Analyse der capuarnischen Nekropolen von 570 - 400 v. Chr., d. h. in der Phase der postulierten etruskischen Herrschaft eine Mikrogeschichte dieser Gemeinschaft, also die kollektiven Identitäten, die Sozialstrukturen und die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen, wozu die Analyse der Bestattungsritualien einen privilegierten Zugang bietet.“
Von FD
In: Orbis Terraarum, 2012-2013, S. 265-266.
Ellen Thiermann
(1975) hat in Freiburg i. Br., Rom, Berlin und Amsterdam Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Alte Geschichte studiert. An der Universität Amsterdam promovierte sie 2009 mit einer Arbeit über die Nekropolen von Capua. Sie nahm an verschiedenen Ausgrabungen und Surveys in Italien und der Türkei teil, an denen sie teilweise koordinierend mitwirkte, und unterrichtete an den Universitäten Amsterdam und Bern. Ihre eigenen Forschungen konzentrieren sich auf das vorrömische Italien und seine kulturellen Interaktionen, die Archäologie von Gräbern und Gräberfeldern und die Selbstdarstellung von Eliten. Derzeit arbeitet sie als Post-doc an der Universität Zürich an ihrem Projekt zur spätetruskischen Grabarchitektur in Cerveteri.
Herausgeber:
Nadin Burkhardt
Henner von Hesberg
Erich Kistler
Alessandro Naso
Richard Neudecker
Christina Nowak
Ellen Thiermann
Die Reihe „Italiká“ nimmt monographische Werke und thematisch einheitliche Sammelschriften aus den Gebieten der Altertumskunde auf, die sich im weitesten Sinne mit Quellen, Befunden und Funden auf dem Territorium des heutigen Italien in vorrömischer Zeit befassen. Bei der Auswahl der Manuskripte legt die Gruppe der HerausgeberInnen besonderen Wert auf methodisch und theoretisch innovative Ansätze, die das weit gefächerte Spektrum der komplexen Welt der Kulturkontakte exemplarisch beleuchten. Die Reihe soll die Forschung zu den italischen Kulturen intensivieren und ihr mehr Gewicht verleihen. Der griechische Begriff „Italiká“ betont den von außen gerichteten Blick auf Italien, steckt den geographischen Rahmen ab und unterstreicht den zeitlichen Schwerpunkt auf die vorrömische Periode. Die Redaktion der Bände wird durch die jeweiligen Autoren bzw. Herausgeber selbst getragen, und die Mittel für die Drucklegung für jeden Band neu eingeworben.