Von dem im römischen Stadtzentrum von Lopodunum gelegenen Baukomplex aus Forum und Basilika, der sich durch eine enorme Fläche und ein großes Volumen ausgezeichnet hat, blieb bis auf Reste der Fundamente nur noch wenig im mittelalterlich geprägten Kern der heutigen Stadt Ladenburg erhalten. Die vorliegende Abhandlung erläutert die Überlegungen, die zur virtuellen 3D-Rekonstruktion des antiken Ladenburger Forums für das Lobdengau-Museum in Ladenburg geführt haben. Neben der Darlegung der Rekonstruktionsansätze werden dabei auch Perspektiven für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dem historisch so bedeutsamen römischen Baukomplex aufgezeigt.
In dem Werk „Die 3D-Rekonstruktion des römischen Forums von Ladenburg“, das in der Reihe LOPODUNUM des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg als Band VI erschienen ist, liefern die Autoren Jürgen Süß und Brigitte Gräf eine Beschreibung und Begründung ihrer virtuellen Nachbildung des römischen Forums von Ladenburg zwischen Mannheim und Heidelberg, die im Lobdengau-Museum von Ladenburg in einer Animation gezeigt wird.
Unter dem Namen Lopodunum war Ladenburg in römischer Zeit das Verwaltungszentrum einer Civitas und besaß entsprechend eine Forum-Basilika-Anlage in der Mitte der Stadt. Auch wenn davon hauptsächlich Fundamente erhalten sind, so zeugen die gewaltigen Reste doch eindrucksvoll von der ehemaligen Größe und Bedeutung des Bauwerks.
Die Beschäftigung mit dem Ladenburger Baukomplex, der im 2. Jahrhundert n. Chr. errichtet wurde, führt zu einer handbuchartigen Erörterung römischer Architektur der mittleren Kaiserzeit in der Provinz Obergermanien und darüber hinaus. Die Abhandlung verfolgt das Ziel, nicht nur die erhaltenen Reste aus Ladenburg in die antike Baukunst einzuordnen, sondern auch darüber nachzudenken, wie die nicht mehr erhaltenen Teile ausgesehen haben könnten. Dabei werden Architekturelemente jener Epoche wie Bodenbeläge, Säulen, Wände, Fenster, Eingänge, Treppen, Dächer oder Decken besprochen, aber auch Inschriften berücksichtigt, die auf dem Forum und in der unmittelbaren Umgebung entdeckt wurden.
Bei vielen 3D-Nachbildungen von historischen Bauten in der Wissenschaft und in den Museen, die nicht selten einen sehr suggestiven Eindruck vermitteln, fehlt eine Nennung der Argumente, die zu dem in der Öffentlichkeit präsentierten Ergebnis veranlasst haben. Damit die Rekonstruktion des Ladenburger Beispiels auch für Außenstehende nachvollziehbar wird, orientieren sich die Verfasser daher an Leitsätzen, wie sie in der „Londoner Charta für computergestützte Visualisierung von kulturellem Erbe“ im Jahr 2006 zur Veröffentlichung von 3D-Modellen formuliert wurden.
Neben der Auseinandersetzung mit den Bauformen geht es in der Publikation auch um die Funktion des Forums und seiner Einzelteile wie der Basilika oder der Eingangshalle. Das Aussehen der Gebäude lässt sich nicht von ihrer Zweckbestimmung trennen. Dabei spielt vor allem die Frage eine Rolle, wo die vorauszusetzende Kurie, der Sitzungsort des Stadtrates also, gelegen haben könnte, die den Verwaltungsstatus des Hauptortes einer Civitas widerspiegelt. Könnte der Stadtrat in der großen Apsis auf der Rückseite der Basilika getagt haben? Nachgegangen wird zudem der Frage, welche Monumente auf dem Forumshof gestanden haben könnten. Das Buch zur Rekonstruktion der Ladenburger Forumsanlage bleibt nicht in Lopodunum stehen. Es berührt vielmehr wichtige Themen zu den Foren in römischen Provinzen allgemein.
Dr. Jürgen Süß: Geb. 1963, Promotion in Klassischer Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München bei Prof. Wulf Raeck und Prof. Valentin Kockel 1996. Titel der Dissertation „Kaiserkult und Stadt. Kultstätten für römische Kaiser in Asia und Galatia“. Ausbildung zum Multimedia-Autor an der Multimedia-Akademie Friedrichshafen.
Derzeitige Tätigkeit: Dozent am Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg und 3D-Visualisierungen.
Forschungsschwerpunkte: Architektur, Urbanistik, 3D-Rekonstruktionen, Visualisierungen.
Dr. Brigitte Gräf: Geb. 1971, Promotion in Klassischer Archäologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg bei Prof. Tonio Hölscher und Prof. Géza Alföldy 2004. Titel der Dissertation „Die Großen dieser Welt. Kolossalporträts im antiken Rom.“
Derzeitige Tätigkeit: Wissenschaftliche Angestellte bei der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Forschungsstelle „Epigraphische Datenbank Heidelberg“.
Forschungsschwerpunkte: späte römische Republik und Kaiserzeit, Repräsentationsformen in der römischen Gesellschaft, lateinische Epigraphik.
Die „Forschungen und Berichte zur Archäologie in Baden-Württemberg “ erscheinen ab 2016 als neue, hochwertige monographische Reihe des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart. Die neue Reihe vereint die drei etablierten archäologischen Reihen des Landesamts (Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte, Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters sowie die Materialhefte zur Archäologie), die sich inzwischen inhaltlich und in ihrem Umfang kaum mehr voneinander unterscheiden, in einem neuen, modernen Design.
In der Reihe erscheinen in erster Linie Monographien, daneben aber auch Sammelwerke wie z. B. Tagungsbände. Die publizierten Forschungsergebnisse resultieren vor allem aus archäologischen Ausgrabungen der Landesdenkmalpflege, die häufig im Rahmen von akademischen Abschlussarbeiten aufgearbeitet wurden. Thematisch wird die Archäologie in ihrer gesamten zeitlichen Tiefe abgedeckt, von der Vor- und Frühgeschichte über die Provinzialrömische Geschichte und das frühe Mittelalter bis zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. Die neue Reihe ist das wissenschaftliche Aushängeschild der archäologischen Denkmalpflege in Baden-Württemberg.