Nordafrika zählt zu den am dichtesten besiedelten Regionen des römischen Imperium. Im Hinterland des römischen Karthago bildet sich durch diese enorme Ballung an Städten zu Beginn des 3. Jhs. n. Chr. eine ganz eigene urbane Kultur heraus. Dieser Band beschäftigt sich mit der Frage, wie ökonomische, soziale und politische Strukturen Einfluss auf den urbanen Lebensraumes nahmen. In einer vernetzten Analyse aus urbaner Architektur und landwirtschaftlichen Umland kann erstmals gezeigt werden, wie mikroregionale Stadtkultur in einem antiken Ballungsraum entsteht.
„Die Zahl der Städte so gross als ehedem die der Hütten. Überall sind Wohnungen, überall Bevölkerungen, überall Staaten, überall Leben“ schrieb Schriftsteller Tertullian um das Jahr 200 nach Christus. Seine Heimat, die Provinz Africa proconsularis, zählte zu dieser Zeit zu den am dichtesten besiedelten Gebieten des römischen Imperium. In dieser als „Kornkammer Roms“ bezeichneten Region bildete sich durch ihre Prosperität und die Ballung an Siedlungen eine ganz eigene urbane Kulturlandschaft heraus, die sich in facettenreichen Stadtbildern manifestiert. In der archäologischen Forschung spielt die Interpretation von Kunst- oder Kulturlandschaften seit langer Zeit eine bedeutende Rolle. Bisher wurden diese Begriff jedoch meist auf antike Skulptur angewendet. Der Autor bieten daher einen Perspektivenwechsel, indem der fragt, welche spezifischen mikroregionalen Kulturmerkmale sich in den Stadtbildern des Karthagischen Hinterlandes herausbildeten. Inwiefern nahmen ökonomische, soziale und politische Strukturen einer Landschaft Einfluss auf die Gestaltung des urbanen Lebensraums? Anders als bei zahlreichen Studien zum antiken Urbanismus steht nicht die Stadtentwicklung im Mittelpunkt, sondern die Zustandsbeschreibung einer dynamischen Mikroregion zu Beginn des 3. Jhs.. n. Chr. In Einzelstudien der öffentlichen Infrastruktur werden urbane Profile für fünf Städte herausgearbeitet, die ein detailliertes Bild von Urbanität entstehen lassen. Anschließend werden die öffentlichen Bauten und epigrafische Quellen von über 20 Siedlungen im Karthagischen Hinterland untersucht, um die beobachteten städtebaulichen Charakteristika auf eine breite Materialbasis zu stellen. Zusammen mit einer vernetzte Analyse aus Urbanismus, landwirtschaftlichen Strukturen und den mikroregional agierenden Eliten kann erstmals aufgezeigt werden, wie sich eine Stadtkultur in einem antiken Ballungsraum formiert. Dabei zeigt sich, dass sich die Provinz Africa diametral von der anderen Regionen unterscheidet. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die einzelne Siedlung kein kulturelles oder wirtschaftlichen Zentrum darstellten, womit auch die innerstädtischen Bezugspunkte, wie das Forum oder die Hauptstraßen wenig Bedeutung hatten. So wurde das Stadtbild als additives Ensemble von Einzelarchitekturen verstanden, die sich ohne Bindung an diese urbanen Bezugspunkte in den Siedlungen verteilten. Mit der Darstellung von spezifischen Merkmalen eines antiken Ballungsraumes kann der vorliegende Band eine neue Perspektive aufzeigen, in der Städtebau nicht primär als individuelle Entwicklung, sondern als Gegenstand eines mikroregional konstituierten Verständnis von Urbanität analysiert wird.
‘’This richly illustrated volume derives from Scheding’s PhD dissertation (University of Köln, 2013/2014). It examines the urban topographies of five communities in Roman North Africa (Thugga, Musti, Thignica, Uchi Maius, and Thuburbo Maius) located in the hinterland of Carthage and politically dependent on that city. Scheding establishes differences in how their urban areas were articulated, in comparison with otherwise comparable independent towns. He discusses these differences with a view to socio-political factors, notably how subordination affected elite ambitions, and the related question of the towns’ roles within the microregion. The book consists of four parts; (I) provides background on the topography, economy, and power dynamics of the microregion as well as a discussion on method; (II) is the actual examination; (III) discusses comparanda; while (IV) extracts points from earlier chapters and adds a discussion on elite agency. This is followed by summaries in German, French, English, and Italian, a catalogue of locations mentioned, bibliography, indices, and a generous collection of maps. The standard of production is commendably high, including proofreading and translations.
Scheding’s book is a welcome contribution to the larger discourses on townhood and provincial elites, as well as North African studies. It reinforces the value of regional studies, forming a complement to larger overviews (most recently by Andrew Wilson)[1] as well as single-town studies. He knows his material well, having participated in multiple campaigns in the area (detailed on p. 11). Analysing the cityscapes in ways reminiscent of Alan Kaiser[2], he identifies patterns that challenge established ideas on what processes shaped Roman provincial towns. Importantly, he reformulates the link between elite ambition and urban monumentality, underscoring regional elite competition and mutual emulation rather than local pride or imitation of Rome. He also questions the notion that these towns were ends in themselves: the individuals and families that affected their physical aspect the most had their ambitions set on Carthage, which is also where many of them resided.
(...) That Scheding privileges archaeology over epigraphy is refreshing, and his arguments are both interesting and convincing.
(...) I would recommend the book to anyone interested in African urbanism, and more generally in the relation of provincial elites to their towns.‘’
Von: Monica Hellström
In: H-Soz-Kult, 10.05.2021, <
www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-29615>
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„Es ist festzuhalten, dass die Erforschung einer Mikroregion unter Berück-sichtigung einzelner Städte und ihrer Bewohner von Scheding mustergültig angegangen wurde. Besonders in den Städten der Pertica Carthaginiensis und diesem dichten Besiedlungsraum in der römischen Kaiserzeit kulminieren zahlreiche Fragen nach den Wechselverhältnissen und Einflüssen, dem ‚shaping‘ von Bewohnern, Natur- und Stadtraum, die nur an sehr wenigen Orten des Römischen Reiches anhand der archäologischen und epigraphischen Überreste derart fundiert studierbar sind. Durch die Kombination dieser Quellen, den Einbezug mehrerer theoretischer Modelle aus unter-schiedlichen Fachbereichen und eine schlüssige Analyse des Gesamtbildes, unterfüttert mit überzeugenden Vergleichen, zeigt Scheding uns die Verwirklichung von Urbanitas durch die städtischen Eliten auf, die wir in der Stadtforschung verfolgen. „Die Suche nach dem archäologisch greifbaren ‚Lebensrhythmus‘ einer städtischen Mikroregion“ (S. 17), wie sie der Autor angestrebt hat, ist daher im städtischen Ballungsraum des karthagischen Hinterlandes vorbildhaft geglückt.“
Von: Dennis Mario Beck
In: Plekos 24, 2022, S. 155-161
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„[...] The author has benefited from substantial fieldwork experience in Tunisia with teams lead by Philipp von Rummel and Stefan Ritter. The book is the result of a reworking of Scheding’s doctoral dissertation undertaken at the University of Köln, begun in 2013. Two related research questions are tackled: Was there a distinct form und Tieren vervollständigen die Beiträge zur Rekonstruktion eisenzeitlicher Lebensverhältnisse in Südwestdeutschland.
ly Sepulchre, the Church of the Nativity, the Basilica of Zion and the Dome of the Rock show the fascinating possibilities of multi-layered Crusader adaptation in a particularly expressive1탂µ蛰楶Ȳ齠㢪Ȳbook combines a detailed architectural analysis with an interpretation of various literary sources to create a comprehensive picture of the dynamics that had a lasting impact not only on the cityscape of Jerusalem, but also on the perception of the holက탣µ玀濣Ȳ㐐㔻Ȳople's
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Paul Scheding, Jahrgang 1983, ist Akademischer Rat für Klassische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Nach dem Studium der Klassischen Archäologie, Archäologie der römischen Provinzen sowie Alten Geschichte in Köln und Rom wurde er 2014 mit einer Arbeit über urbane Ballungsräume in Nordafrika promoviert. Die Dissertation wurde mit dem Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts ausgezeichnet. Seine Forschungsschwerpunkte sind antike Mikroregionen, Urbanismus und die archäologischen Hinterlassenschaften Tunesiens, wo er seit 2010 im Rahmen verschiedener Ausgrabungsprojekte tätig ist (darunter Simitthus, Chimtou und Meninx, Djerba).
Die Entwicklung der griechischen „polis“ und der römischen „urbs“ ist ein zivilisatorischer Prozess, der sich durch die Erforschung der materiellen Überreste und anderer antiker Quellen veranschaulichen lässt.
Die antike Stadt bildete durch vielfältige zweckgerichtete Einrichtungen den Lebens- und Handlungsraum für ihre Bewohner auf politischem, wirtschaftlichem, gesellschaftlichem, religiösem und kulturellem Gebiet. Neben privaten Wohngebäuden entstand eine öffentlich genutzte Funktionsarchitektur weltlichen und religiösen Charakters, durch Verkehrs- und Versorgungsnetze erschlossen, durch Verteidigungsanlagen geschützt. Das Stadtbild war geprägt von diesem Neben- und Miteinander von öffentlichem und privatem Raum, von repräsentativen Kult- und Regierungsgebäuden, aber auch kleinen Unterkünften, von großen Markt- und Handelsflächen, und darüber hinaus von Ausstattungselementen und Baudekor für alle Einrichtungen. Oft lässt sich eine enge Verschränkung von Architektur, Politik und Religion nachweisen: historische und ideologische Konstellationen schlugen sich in der Planung und Anlage von Bauvorhaben und Veränderungen am Stadtbild nieder.
Die von der Kommission zur Erforschung des antiken Städtewesens an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Prof. Dr. Paul Zanker seit 1994 herausgegebene Reihe „Studien zur antiken Stadt“ widmet sich all diesen Belangen urbanistischer Gemeinschaften im antiken Mittelmeerraum.