Mit Ulrichs von Etzenbach „Wilhelm von Wenden“, Heinrichs von Neustadt „Apollonius von Tyrland“, Johanns von Würzburg „Wilhelm von Österreich“, dem anonymen „Reinfried von Braunschweig“ und dem „Lohengrin“ klingt die Tradition des mittelalterlichen deutschen Versromans um 1300 weitgehend aus. Das Buch sucht die Position dieser fünf umfangreichen Romane in der Gattungsgeschichte unter den Leitperspektiven hybriden, historisierenden und namentlich enzyklopädischen Erzählens genauer zu bestimmen. Die fünf Texte werden dabei als literarische Reihe erfasst, die im Gefolge der beiden führenden Epiker des späteren 13. Jahrhunderts, Rudolfs von Ems und Konrads von Würzburg, und im Kontext benachbarter Genres wie Antikenroman und Verschronistik das Verhältnis von Fiktion und Geschichte neu abstecken. Eine wichtige Rolle spielen dabei die je präsentierten „Planspiele“ dynastischen Herkommens und fürstlicher Herrschaft, die die scheinbare Idealität der Protagonisten nicht selten massiv untergraben.
Mit Ulrichs von Etzenbach „Wilhelm von Wenden“, Heinrichs von Neustadt „Apollonius von Tyrland“, Johanns von Würzburg „Wilhelm von Österreich“, dem anonymen „Reinfrit von Braunschweig“ und dem „Lohengrin“ klingt die Tradition des mittelalterlichen deutschen Versromans um 1300 weitgehend aus. Die Zukunft scheint zunächst der Verschronistik, später dann dem Prosaroman zu gehören.
Das Buch sucht die Position dieser fünf umfangreichen „Ausläufer“ in der Geschichte des höfischen Romans genauer zu bestimmen und folgt dabei den drei Leitperspektiven hybriden, historisierenden und enzyklopädischen Erzählens. Die Texte werden dabei als literarische Reihe erfasst, die im Gefolge der beiden führenden Epiker des späteren 13. Jahrhunderts, Rudolfs von Ems und Konrads von Würzburg, und im Kontext benachbarter Genres (wie des Antikenromans und der Weltchronistik) das Verhältnis von Literatur und Geschichte neu abstecken. Eine wichtige Rolle spielen Reiseszenarien, die vielfältiges Weltwissen narrativieren, sowie komplex inszenierte „Planspiele“ dynastischen Herkommens und fürstlicher Herrschaft. Beide gehen mit Exkursen und Digressionen einher, die im Zusammenspiel mit massiven Irritationssignalen auf Handlungsebene die scheinbare höfische Idealität der Protagonisten konstant untergraben.
Der Zugang des Buches eröffnet neue Perspektiven auf die seit jeher strittige und bislang nur unbefriedigend gelöste Gattungsfrage für den deutschen Roman um 1300. Ein weiterer, übergreifender Akzent liegt in der kritischen Auseinandersetzung mit dem Fiktions- und Fiktionalitätsbegriff für vormoderne Texte. Der Ausblick nimmt schließlich mögliche Gründe für das Ende der Gattung nach 1300 in den Blick.
„H. weist mit seiner Studie einen Weg durch den Wust an Informationen, den die hybriden Romane um 1300 bieten, und zeigt deutliche und hinreichende Merkmale auf, die den ,Fürsten- und Herrschaftsroman' als Reihe konstituieren“
Von W. Günther Rohr
In: Das Mittelalter, S. 431-432.
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„H. weist mit seiner Studie einen Weg durch den Wust an Informationen, den die hybriden Romane um 1300 bieten, und zeigt deutliche und hinreichende Merkmale auf, die den ,Fürsten- und Herrschaftsroman' als Reihe konstituieren.“
Von: W. Günther Rohr
In: Das Mittelalter, Perspektiven mediävistischer Forschung, Zeitschrift des Mediävistenverbandes, Band 19, Heft 2, 2014, S. 431-432.
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„>Verbindlichkeit< ist als Gegenbegriff zur Fiktion und Fiktionalität entworfen (vgl. etwa S. 18) und meint verschiedene Formen der Anknüpfung an außerliterarische Diskurse, die im Fluchpunkt dessen stehen, was Herweg als >Historisierung< bezeichnet. Drei dieser Diskurse werden Herweg besonders wichtig: der universalhistorisch-heilsgeschichtliche, der enzyklopädische und der zeitgenössisch herrschaftspolitische. (...) Das ist aber nur einer von vielen Denkanstößen, die Mathias Herwegs Buch gibt und die im Rahmen einer Rezenzion in iher Vielfalt kaum angemessen zu würdigen sind. (...) Jedoch ist das Buch genau und umsichtig in der Argumentation und in jeder Hinsicht um Differenzierung bemüht. Es ist - oft ganz beiläufig, bis in die Anmerkungen hinein - markant in der Begriffsbildung, von großer, bisweilen nachgerade enzyklopädisch ausufernder Eloquenz und überdies von stupender Gelehrsamkeit: Man kann es auch als eine Literatur- und Diskursgeschichte des Deutschen Romans im 13. Jahrhundert lesen.“
Dr. Christian Schneider
In: Pbb (2013), Band 135 Heft 1, S. 129-134.
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„Einen Schwerpunkt der Studie bilden die arthurischen Werke. Der Verf. nimmt sie vor dem Hintergrund ihrer historischen Dimension - genus hsitoricum - in den Blick und zeichnet zunächst den Weg der Artuswelt aus der historia in die epische Überformung nach. Aufgeworfen und diskutiert wird die Frage, wie und ob im Rahmen höfisch-arthurischer Fiktion Historizität durchscheint. Die Ergebnisse sind dabei je nach herangezogenen Werken - „Tristan“, „Parzival“, „Wigalois“, „Jüngerer Titurel“, „Prosa-Lancelot“, Chrétiens „Cligès“ - und intendiertem Nutzungshorizont notwendigerweise höchst unterschiedlich bisweilen sogar auf „Irritationen (...) geradezu angelegt“ (121). Der Verf. spricht in diesem Zusammenhang von Historisierung und Hybridisierung.“
Bibliographical Bulletin of the International Arthurian Society. LXIII (2011). S40-41.
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„Im Zentrum der Monographie (zugl. Univ. Würzburg, Habil.-Schrift, 2007) stehen als Textreihe unter dem Skopus des »Fürsten- und Herrschaftsromans« zwischen ca. 1280 und 1314 der „Lohengrin,“ der „Wilhelm von Wenden“ Ulrichs
von Etzenbach, der „Reinfrit von Braunschweig“, der „Apollonius von Tyrlant“ Heinrichs von Neustadt und der „Wilhelm von Österreich“ Johanns von Würzburg. Darüber hinaus werden, mit Seitenblicken nach Frankreich, nicht nur das zeitgenössische Umfeld der Texte, sondern auch der klassische höfische Roman (mit dem Artusroman im Mittelpunkt), die abseits davon stehenden früheren und mit den Klassikern gleichzeitigen Typen (ein Schlüsseltext: Chrétiens „Cliges“), dann die nachklassische Formierung der Erzählliteratur besonders durch Rudolf von Ems und Konrad von Würzburg wahrgenommen und für die Deutung unter dem Hauptaspekt einer hybridisienden Summierung von Traditionen fruchtbar gemacht, die sich eindeutigen Lehren und einer homogenen Sinnbildung entzieht. Damit wendet sich Herweg von den monolinearen Konzepten einer epigonalen oder als End- und Gipfelpunkt gedachten Entwicklung des späten Versromans ab, um der dynamischen Vielschichtigkeit der Werke und ihrer „Fülle potentieller Rezeptions- und Verstehensweisen“ gerecht zu werden (23). In einem diskursanalytischen Ansatz (68ff.) werden „verschiedene im Historizitätsbegriff konvergierende „Wege zu Verbindlichkeit““ entfaltet (432): 1. Akte des Historisierens (Namen, Quellen, externe Daten) und systematisch in die Narration montierte Raum-Zeit-Konzepte etablieren Bezugsfelder des Geschichtlichen im Rahmen fiktionaler Narrationen. Dies wird in der Fiktionalitätsdebatte mit innovativen Akzenten situiert. 2. Die Enzyklopädisierung und 3. die politisch-dynastische Diskursivierung der Texte werden überzeugend in einer pluralisierenden und problematisierenden Tendenz gelesen. So wird etwa gegen harmonisierende Sichten in „Wilhelm von Wenden“ das Legendarische zurückgestuft und im „Reinfrit“ die Gebrochenheit der Herrscherfigur sowie die Offenheit des Schlusses herausgestellt. Das Buch resümiert und perspektiviert auf höchstem Niveau zahlreiche aktuelle Forschungsparadigmen und ist durch seine methodische wie literarhistorische Brillanz auch retrospektiv für frühere Phasen des mittelalterlichen Versromans erhellend.“
Christoph Huber, Tübingen
In: Germanistik. 52 (2011) Heft 3-4. S. 706-707.
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“The scope and depth of this study are impressive, even though much of the ground covered here has been dealt with at length in numerous previous studies, including literary histories, such as those by Gervinus (!) and Helmut de Boor. (...)
The wealth of specific observations is impressive, but at closer analysis Herweg does not really reach new shores. Nevertheless, the ultimate comparison with fourteenth-century world chronicles as the new genre that superseded those courtly romances promises to yield new insight. That, however, will be the topic of another study.”
Albrecht Claasen
In: The Medieval Review. 11.10.24 (2011-10)
https://scholarworks.iu.edu/dspace/bitstream/handle/2022/13644/11.10.24.html?sequence=1 (25. Oktober 2011)
Mathias Herweg
1991-1997 Studium der Fächer Germanistik/Geschichte an der Universität Würzburg, 1998-2000 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Würzburger Forschergruppe „Bild des Krieges im Wandel vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit“, 2001 Promotion mit einer Arbeit über die deutsche Geschichtsdichtung des frühen Mittelalters, 2002-2007 Wissenschaftlicher Assistent, 2007 Habilitation und Vertretung der Professur für Mediävistik an der Universität Karlsruhe. Seit 2010 Inhaber der Professur für Mediävistik und Frühneuzeitforschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Forschungsschwerpunkte: Wissen und Wissenskonstitution in der Vormoderne; Poetologie des deutschen Romans bis zur Frühen Neuzeit; Medienzäsuren und mediale Nostalgien in der Epoche Gutenbergs; Mittelalterkontinuität und Mittelalterrezeption in der Neuzeit
Es ist das Anliegen dieser Buchreihe, in der Dissertationen, Habilitationsschriften, sonstige monographische Darstellungen und Sammelbände erscheinen werden, die Interdisziplinarität der modernen Mittelalterforschung noch mehr hervorzuheben und zu fördern als dies bisher der Fall ist. Angenommen werden Arbeiten aus allen Gebieten der Mediävistik, sofern der Aspekt der Interdisziplinarität darin betont wird, d.h. sofern sie die Grenzen eines einzelnen Faches zu überschreiten suchen.