Stimme berührt und widerspiegelt die Befindlichkeit. Mit ihren emotionalen, sprachlichen und gesanglichen Anteilen ist die Stimme das Hauptmedium, über das Menschen miteinander kommunizieren und in Kontakt kommen. In dem von der Autorin entwickelten Kreisschema, das die Stimme in sechs verschiedene, ineinander übergehende Aspekte auffächert, werden emotionaler, sprachlicher und gesanglicher Stimmausdruck erstmals gleichermaßen berücksichtigt und auf die kindliche Selbst- und Spielentwicklung bezogen. Stimme und Stimmspiel werden als wichtiger Bereich der musiktherapeutischen Methodik beschrieben und bezüglich ihrer therapeutisch wirksamen Funktionen differenziert erläutert.
Eindrückliche Beispiele aus der musiktherapeutischen Praxis mit schwer mehrfach behinderten, sprachentwicklungsgestörten und krebskranken Kindern verbinden die Theorie mit der Erfahrung und machen nachvollziehbar, was es bedeutet, dem Leben eine Stimme zu geben.
Philosophisch-literarische Texte und Gedichte verdichten die Ausführungen atmosphärisch und weisen gleichzeitig in metaphorischer Form auf die Komplexität des Phänomens „Stimme“ hin. Dies macht das Buch auch für Menschen interessant, die in anderen Berufen mit der Stimme arbeiten.
„Es scheint zunächst abenteuerlich, die Felder Onkologie und schwere Mehrfach- bzw. Sprachbehinderungen so in einem Buch und Atemzug zusammenzubringen. Die Autorin bewerkstelligt dies souverän, indem sie sich ausschließlich auf die Stimme, ihre biologische und neurologische Entwicklung, ihre therapeutischen Möglichkeiten und die theoretische Einordnung in übergeordnete Systeme stützt. Sie bringt es fertig, die Bereiche unter diesen Gesichtspunkten zu vereinen und doch in der Behandlungsbeschreinbung klar von einander zu trennen. Ihr Beobachtungsschema ermöglicht dabei Vergleichbarkeit.
Diese Buch ist eindrucksvoll in seinem Ansatz, die Stimme als therapeutisches Instrument so weit einzukreisen - ihm damit eine so fundierte theoretische Grundlage zu geben, dass es möglich ist, damit sowohl diagnostisch als auch praktisch nachvollziehbar zu arbeiten.
Die Praxisbeispiele machen deutlich, was es bedeutet, dem Leben wieder eine Stimme zu geben.
Obwohl Frau Maurer-Joss das Buch mit philosophischen und literarischen Textbausteinen und Gedichten sowie mit Fotoausschnitten von Reliefs atmosphärisch anreichert, vermeidet sie es, in eine emotionale oder esoterische Richtung abzugleiten, wie es bei dem Thema Stimme leicht passieren kann. Sie behält eine wissenschaftlich fundierte Klarheit in Sprache und Darstellung, die das Buch auch für Menschen interessant macht, die nicht musiktherapeutisch, aber mit Stimme in anderen Berufen arbeiten oder einfach an der Stimme als solcher interessiert sind. Für Musiktherapeuten ist es unbedingt zu empfehlen.“
Monika Nöcker-Ribaupierre
In: socialnet Rezensionen
http://www.socialnet.de/rezensionen/12460.php (10.Januar 2012)
Sonja Maurer-Joss, geboren 1963, Heilpädagogin, Musikpädagogin, Musiktherapeutin. Langjährige musiktherapeutische Tätigkeit mit krebskranken Kindern im Kinderspital der Uniklinik Bern. Gastdozentin an der berufsbegleitenden Ausbildung Musiktherapie (bam) Zürich. Arbeitet derzeit musikpädagogisch mit gesunden Kindern in Bern und musiktherapeutisch mit behinderten Kindern und schwer mehrfach behinderten Erwachsenen im Zentrum für Entwicklungsförderung und pädiatrische Neurorehabilitation (Z.E.N.) in Biel/BE.