In diesem Buch sind Forschungsarbeiten veröffentlich, die die musiktherapeutische Arbeit mit neurologisch erkrankten Patientinnen und Patienten im Bereich der Kommunikationsanbahnung, der Frührehabilitation sowie der Krankheitsverarbeitung nach Hirnverletzungen beschreiben.
Als Pilotstudien greifen sie Aspekte auf, die im Krankheitsgeschehen aktuell bleiben und leisten einen Beitrag, indem sie noch nicht untersuchte musiktherapeutische Ansätze in verschiedenen Praxisfeldern der Neurorehabilitation fokussieren und zur Erweiterung des methodischen Spektrums neue Untersuchungswege beschreiten. Fallvignetten aus dem klinischen Alltag bereichern und verdeutlichen die Vorgehensweisen.
Der 6. Band der Zürcher Schriften besteht aus vier überarbeiteten Untersuchungen aus dem Praxisfeld der Neurorehabilitation, die an der Zürcher Hochschule der Künste durchgeführt wurden.
Die Themen des ersten und zweiten Buchteils von Corinne Galli und Beate Roelcke beziehen sich auf neurologisch schwerbetroffene Menschen nach Schlaganfall. Galli stellt eine quantitative Studie zur Kontaktaufnahme vor und vergleicht Elemente eines verbalen Therapieverfahrens mit nonverbalen der Musiktherapie. Roelcke zeigt in einem Untersuchungsaufbau aus quantiativen und qualitativen Anteilen anhand eines Settings zur Arbeit mit Patienten mit Neglectsyndrom musiktherapeutische Vorgehensweisen auf, die im Spannungsfeld von funktionalen und psychodynamischen Aspekten stehen.
Die Klammer des dritten und vierten Buchteils bilden die von Joachim Marz entwickelten Instrumente Behandlungsmonochord und Kotamo. Andreas Vuissa untersucht die Wirkung eines standartisierten Entspannungsverfahrens mit Einsatz des Kotamo bei Menschen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind. Susanne Bossert & Joachim Marz führen mit Hilfe des Behandlungsmonochords eine randomisierte und kontrollierte Studie mit Menschen nach unfallbedingten Schädel-Hirnverletzungen durch.
Die Aufzählung der im Buch beschriebenen Diagnosegruppen zeigt das weite Spektrum an Erkrankungsformen unter welchen Patienten der Neurorehabilitation leiden. Plötzlich eingetretene Hirnverletzungen stehen neben langsam auftretenden, chronischen Veränderungen aufgrund entzündlicher Prozesse in bestimmten Hirnregionen mit der jeweils spezifischen Symptomatik. Beides bringt einschneidende Folgen für die Lebensgestaltung mit sich und stellt hohe Anforderungen an die Verarbeitungskapazität der Patienten.
Dementsprechend breit sind auch die Vorgehensweisen der Musiktherapie: Musiktherapeutische Methoden und Interventionen werden vom musikunterstützten Arbeiten mit funktionalen Zielen bis zum psychodynamischen Begleiten in der Krankheitsverarbeitung, von der übenden Ebene bis zur erlebnis- und konfliktzentrierten Modalität eingesetzt. Die musikalische Grundlage und die darauf aufbauende therapeutische Beziehung bilden bei allen Unterschieden im Aufbau und Outcome der Untersuchungen die gemeinsame Grundlage.
Mit dem Ziel Patienten auf die bestmögliche Weise zu betreuen, Behandlungsformen zu optimieren und auf quantitativer und qualitativer Ebene einen Beitrag zum Wirksamkeitsnachweis der Musiktherapie zu leisten sind die Untersuchungen dem Klientel und den klinischen Bedingungen angepasst und durchgeführt worden. Das vorliegende Buch versteht sich als Einladung zum Weiterdenken und Weiterforschen in diesem sich rasant entwickelnden Arbeitsfeld. Die Musiktherapie hat das Potential, darin eine einzigartige und unersetzbare Aufgabe zu übernehmen.
Beate Roelcke, geboren 1963 hat nach abgeschlossenem Studium der Musiktherapie zunächst in der Psychiatrie gearbeitet. Seit 25 Jahren ist sie in einer schweizerischen Klinik für Neurorehabilitation tätig und leitet dort das Team der Kreativen Therapien. Weiterbildungen in Systemischer Therapie und Neurologischer Musiktherapie wurden ergänzt durch ein Update-Studium, das zum Master of Advanced Studies in Klinische Musiktherapie führte. Seit 11 Jahren ist sie Co-Leiterin des Studiengangs MAS in Klinische Musiktherpie an der Zürcher Hochschule der Künste. Weitere berufliche Aktivitäten beinhalten Vorträge und Präsentationen im In- und Ausland sowie diverse Weiterbildungsangebote im musiktherapeutischen Feld.
Susanne Bossert, geboren 1960, hat nach dem Erlangen des eidg. Lehrdiplomes für Musik und Bewegung am Konservatorium Zürich (heute ZHdK) und einem Studienabschluss in Kunsttherapie, Fachrichtung intermediale Methoden M.A., zusätzlich ein Studium der Musiktherapie abgeschlossen. Sie arbeitet seit 20 Jahren als Musik- und Kunsttherapeutin in einer schweizerischen Unfallklinik mit neurologischen und orthopädischen Patienten und chronischen Schmerzpatienten. Zusätzlich führt sie eine eigene Praxis für Musik- und Kunsttherapie und ist als Musikerin tätig.
Stete Weiterbildungen, zusätzlich ein Upgrade-Studium zum Master of Advanced Studies in Klinische Musiktherapie führten dazu, als Dozentin, Lehrtherapeutin, Supervisorin und Mentorin an verschiedenen Musik- und Kunsttherapie-Ausbildungsgängen mitzuwirken.