Die Archäologie der römischen Provinzen ist eine junge Disziplin. Als akademisches Lehrfach hat sie in kurzer Zeit großartige Erfolge auf dem Grabungssektor und in der Wissenschaft erzielt und unser Wissen in einem Maß anwachsen lassen, mit dem die theoretische Bewältigung der Ergebnisse kaum mehr Schritt hält. Hinzu kommt die rasante Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden, die wesentlich zur Selbstvergewisserung des Fachs beigetragen und zukünftigen Forschungen neue Perspektiven eröffnet hat. Es ist immer wieder angemerkt worden, dass die Provinzialrömische Archäologie ihre wissenschaftlichen Grundlagen, d. h. ihre Methoden und Theorien vernachlässigt, indem sie ihre Begrifflichkeiten und die Aussagekraft ihrer Erkenntnisse zu wenig reflektiert.
Im alltäglichen Forschungs- und Lehrprozess machen wir uns selten Gedanken über die Bedeutung von Analogie und Hypothese, Chronologie und Periodisierung oder anderen abstrakten Begriffen. Der vorliegende Band befasst sich in 140 Sachwortartikeln erstmals mit den wissenschaftstheoretischen Grundlagen, den Quellen, Methoden und Zielen des Fachs. Das Nachschlagewerk hilft dem Studenten, sich in der Sprache und dem Denken der Wissenschaft zu orientieren; aber auch der archäologisch Interessierte wird das Handbuch mit Gewinn lesen.
Die Provinzialrömische Archäologie ist eine junge Disziplin, die sich in den 1960er Jahren von ihren älteren Geschwistern, der Alten Geschichte, der Klassischen Archäologie und der Vor- und Frühgeschichte emanzipiert hat. Als Wissenschaft der Materiellen Kultur mit ihrer reichen Parallelüberlieferung in Schrift und Bild bleibt sie aber ihren Schwestern als Teil der Altertumswissenschaften auch institutionell verbunden. Sie schlägt eine Brücke von der schriftlosen Vorgeschichte über die Völkerwanderungszeit ins Frühmittelalter.
Als akademisches Orchideenfach, eines von hundert Kleinen Hochschulfächern oft belächelt, hat sie in kurzer Zeit beeindruckende Erfolge auf dem Grabungssektor erzielt und unser Wissen über die Römerzeit in einem Maß anwachsen lassen, mit dem die theoretische Bewältigung der Ergebnisse kaum mehr Schritt halten konnte. Es ist immer wieder angemerkt worden, dass die Provinzialrömische Archäologie ihre wissenschaftlichen Grundlagen, d. h. ihre Methoden und Theorien vernachlässige, indem sie ihre Begrifflichkeiten sowie die Aussagekraft und Reichweite ihrer Erkenntnisse zu wenig reflektiere; diese Lücke möchte der neue Band zu den Quellen, Methoden und Zielen ausfüllen.
Im alltäglichen Forschungs- und Lehrprozess gehen wir gelegentlich zu arglos mit abstrakten Begriffen, Hypothesen und Theorien um, ohne uns über Bedeutung und Beweiskraft allzu viele Gedanken zu machen. Neben den traditionellen Methoden (Ausgrabung und Stratigraphie, Warenkunde, Typographie und Typologie) hat die rasante Entwicklung naturwissenschaftlicher Methoden zur Absicherung und Selbstvergewisserung des Fachs beigetragen, wenn man nur an die Möglichkeiten der absoluten Chronologie denkt (Radiokarbondatierung, Dendrochronologie). Die Naturwissenschaften eröffnen neue Perspektiven: Luftbild und Geophysik (Geoelektrik, Bodenradar, Geomagnetik) erschließen Kastelle und Straßen, Städte, Dörfer und Villen, sie öffnen den Blick und weiten den Horizont für zukünftige Forschungen ohne die Denkmäler im Boden auch nur anzutasten. Diese Möglichkeiten hat die moderne Archäologie zu einer Archäologie der Interdisziplinarität und schließlich auch der Internationalität gemacht, die über das lokale oder regionale Forschungsinteresse weit hinaus geht.
Der Band befasst sich in 140 Sachwortartikeln erstmals mit den wissenschaftstheoretischen Grundlagen des Fachs, mit Schlagworten wie Information, Erkenntnis und Wissen oder Prozeduren wie Materialsammlung, Datenanalyse und dem Kritischen Denken, ohne die jede Auswertungsarbeit an der Oberfläche bleibt. Das Nachschlagewerk hilft dem Studenten, sich im Denken und in der Sprache der Wissenschaft zu orientieren; aber auch der archäologisch Interessierte wird das Handbuch mit Gewinn lesen.
„Der Nutzen dieses Handbuchs besteht darin, dass es die theoretischen und methodischen Grundlagen sowie die Ziele des Faches gesammelt und kompakt in den Fokus rückt. Czysz erklärt, wie die Archäologie der Römischen Provinzen „funktioniert“; damit bietet er eine gute Wissensressource für die fachinterne Reflexion, die - wie bereits oben ausgeführt - bislang eine untergeordnete Rolle spielte. Zum anderen leistet er auch einen beitrag zur Sichtbarmachung und Legitimierung der Eigenständigkeit des Fachs nach außen. Das Werk ist nicht nur Fachstudenten und Außenstehenden zu empfehlen, auch „alte Hasen“ sollten einen Blick hineinwerfen.“
Von Jutta Zerres
In: Archäologische Informationen 43
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„To sum up, the author’s profound knowledge and experience of German-speaking Roman provincial archaeology and his ambition to anchor the subject within the humanities make for an enriching and engaging read. Synthesising and condensing almost 40 years of work experience into a structured publication isn’t an easy undertaking, and Czysz should be commended and congratulated for taking this task upon himself. Czysz deserves credit for elegantly and explicitly articulating concepts and terms which often go unexplained or undefined in Roman provincial literature, but whose definitions are significant for our scientific discourse (e. g. “Argument”, “Befund”, “historisches Ereignis” to name a few). (...) the publication at hand contains a very useful and wide-ranging collection of definitions and terms from the fields of archaeology and the humanities. Its strength lies in the clarity and intelligibility of the entries; although all stemming
from the same pen and thus exuding a somewhat individual flavour, they are well written and coherently structured, thus making it a welcome contribution to German-speaking Roman provincial literature.“
Von Andrew Lawrence
In: Germania 98 (2020), 1.-2. Halbband, S. 359-363
Wolfgang Czysz (*1949) studierte von 1967 bis 1975 Provinzialrömische Archäologie, Vor- u. Frühgeschichte und Archäozoologie an den Universitäten Mainz, Heidelberg, Oxford und München, wo er 1975 promovierte. Von 1975–1977 leitete er das DFG-Projekt Heldenbergen (Hessen), und von 1977−2014 war er am Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, zuletzt als Referatsleiter (Dienststellen Thierhaupten/Nürnberg) angestellt. 2002 habilitierte er sich an der Universität Innsbruck zum Universitätsdozenten für das Fach Provinzialrömische Archäologie; 2011 wurde er dort zum Professor h. c. ernannt. Neben der intensiven Ausgrabungstätigkeit liegen seine Forschungsschwerpunkte auf der Siedlungsarchäologie und der Archäologie des Handwerks, insbesondere der Töpferei, Ziegelei und Keramikproduktion. 2014 wurde er pensioniert; im selben Jahr bekam er die Rainer-Christlein-Medaille für seine Verdienste um die bayerische Landesarchäologie verliehen.