Der Band untersucht das Erscheinungsbild und die Chronologie zweier Typen von Ehrenstatuen, des spätantiken Togatus und des spätantiken Chlamydatus. Das neuartige Erscheinungsbild beruht auf den gesellschaftlichen, politischen und administrativen Umwälzungen der Spätantike, die die Oberschichten des Imperium Romanum umstrukturierten, und die die Entwicklung neuartiger Repräsentationsmuster erforderten. Dieser Prozess begann mit den Reformen der Tetrarchie (spätes 3. Jahrhundert), war aber erst in theodosianischer Zeit (spätes 4. Jahrhundert) so weit abgeschlossen, dass die Eliten angemessene und gültige Bildmuster für ihre Selbstdarstellung entwicklen konnten.
Der Statuenschmuck antiker Städte diente „nicht nur dazu, ästhetische Ansprüche zu befriedigen und das Andenken prominenter Personen zu bewahren, sondern auch dazu, die Ordnung des Imperium Romanum zu verkünden und zu verherrlichen“ (G. Alföldy). Die römischen Eliten der Prinzipatszeit (1. bis 3. Jahrhundert) folgten außerordentlich konservativen Repräsentationsmustern. Die lakonische Auflistung von Ämtern in den Inschriften umriss den verpflichtenden Tugendkanon, die Porträts folgten der kaiserlichen Mode, namentlich der Typus der Togastatue ermöglichte darüberhinaus gleichartige Darstellungsformen für den Kaiser, die senatorische und ritterliche Oberschicht und munizipale Notable.
Seit dem 3. Jahrhundert, dem Krisenjahrhundert, ist ein deutlicher Rückgang bei diesem bedeutsamen Aspekt der antiken Stadtkultur festzustellen. Dem steht seit dem Ende des 4. Jahrhunderts, der Zeit des Kaisers Theodosius I. (379 bis 395) eine Renaissance des Phänomens gegenüber, die freilich weniger durch eine wieder steigende Zahl der Statuenehrungen gekennzeichnet ist, als durch eine grundlegende Veränderung im Aussehen der Statuen. Das Bild wird jetzt bestimmt durch zwei neuartige Typen, den spätantiken Chlamydatus und den spätantiken Togatus. Die Ehrungen bleiben weitgehend auf senatorische Amtsträger beschränkt.
Die spätantiken Statuen wurden zum letzten Mal übergreifend von Johannes Kollwitz 1941 im Rahmen seiner „Oströmischen Plastik theodosianischer Zeit“ behandelt. Seitdem hat sich der Bestand der publizierten Monumente ungefähr verdoppelt, zudem rückte die Epoche „Spätantike“ zunehmend ins Blickfeld der Fachwissenschaft. Dass es sich bei den neuartigen Statuentypen um ein oströmisches Phänomen handle, ist Grundannahme der Forschung geblieben. Dies verschleiert jedoch, dass der neue Togatus als statuarischer Typus auch im Westen des Imperiums bezeugt ist.
Ulrich Gehn untersucht die Entwicklung der spätantiken Ehrenstatuen sowohl im Westen als auch im Osten des Imperiums. Die veränderte Kleiderordnung, die in den neuen Statuentypen zum Ausdruck kommt, beruht auf dem gesellschaftlichen, politischen und administrativen Wandel, der seit der Tetrarchie (spätes 3. Jahrhundert) die römischen Oberschichten umformte. Dieser Restrukturierungsprozess ist (erst) am Ende des 4. Jahrhunderts so weit abgeschlossen, dass neue Bildmuster geprägt werden konnten. Diese Bildmuster mussten den veränderten Repräsentationsbedürfnissen der senatorischen Amtsträger Rechnung tragen, die nicht mehr zivile stadtrömische Amtsträger, sondern Angehörige einer Ost und West umfassenden, militärisch durchstrukturierten Reichselite waren. Die neuen Repräsentationsformen mussten die Stellung des Geehrten im Gefüge der ordines dignitatum abbilden, sie mussten zudem geeignet sein, das grundsätzliche gewandelte Verhältnis des Senatorenstandes zum Kaiser zu erfassen. Die neuen Muster setzten sich reichsweit durch.
Die Arbeit bietet erstmals eine umfassende Interpretation des bislang veröffentlichten Materials an; sie offeriert und begründet zudem einen Rahmen für die Einordnung künftiger Funde. Sie erschließt einen wichtigen Aspekt antiker Stadtkultur am Übergang zur Welt des Mittelalters.
„Die Arbeit bietet erstmals eine umfassende Interpretation des bislang veröffentlichten Materials an; sie offeriert und begründet zudem einen Rahmen für die Einordnung künftiger Funde. Sie erschließt einen wichtigen Aspekt antiker Stadtkultur am Übergang zur Welt des Mittelalters“
In:
http://www.fachbuchkritik.de/html/ehrenstatuen_in_der_spatantike.html, 04.12.2014.
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„Insgesamt hat U.G. eine wichtige Arbeit zu den spätantiken Ehrenstatuen vorgelegt, in der vor allem bisherige – nicht unbedingt aber aktuelle – Forschungsergebnisse in den einzelnen Kapiteln diskutiert werden. Profitiert hätte die Arbeit sicherlich von einer kritischen, zusammenfassenden Bewertung, in der die getrennt untersuchten Bestandteile Kopf, Körper und Basis wieder zu einem Gesamtbild magistratischer, statuarischer Repräsentation geformt werden. Zielführend wäre es dabei sicherlich gewesen, diese einzelnen Elemente der Ehrenstatue auf ihre jeweilige Aussage hin zu prüfen, um einer Interpretation des Mediums der spätantiken Ehrenstatue gerecht zu werden.
Wichtige Erkenntnisse (z.B. die Hand des Oecumenius s.o.) gehen so in dem nicht immer leserfreundlichen Text unter. Trotz aller Kritik werden sicherlich Arbeiten auf der Forschung U.G.s aufbauen können, unter anderem mit dem Bestreben, das – hier leider vernachlässigte – Phänomen der Transformation in der antiken statuarischen Repräsentation zu fokussieren.“
Von Dr. Florian Leitmeir Julius-Maximilians-Universität Würzburg Lehrstuhl für Klassische Archäologie
In: Göttinger Forum für Altertumswissenschaften,
http://gfa.gbv.de/dr,gfa,016,2013,r,35.pdf.
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,,Die (...) Arbeit befasst sich mit der Frage nach dem Stellenwert der Ehrenstatue im öffentlichen Repräsentationsdiskurs der Spätantike. Im Blickpunkt stehen insgesamt 67 Denkmäler, die mehrheitlich aus dem Osten des römischen Reiches stammen und zwei prinzipiell unterschiedliche Trachttypen verkörpern: die Chlamydati in militärischer Tracht mit Mantel und Hosen (bracae) und die der zivilen Bekleidungstradition folgenden Togati mit dem für die Spätantike charakteristischen aufgefächerten Balteus vor der Brust. Ausgehend von einer minutiösen Analyse der einzelnen Trachtbestandteile und ihrer Gegenüberstellung mit schriftlichen Quellen verfolgt der Autor die chronologische, Ikonographische und ikonologische Entwicklung der Standbilder. Besonderes Gewicht legt er dabei auf die Integration der Denkmäler in ihren historischen und gesellschaftlichen Kontext, wofür ein weiteres Mal sehr ausführlich auf Textquellen zurückgegriffen wird. Dennoch eröffnet die Arbeit von U. Gehn mit ihren scharfsinnigen, Bild- und Textquellen gleichermassen berücksichtigenden Zugang zu den Denkmälern wichtige neue Einblicke in die gesellschaftlcihen und politischen Mechanismen der elitären Selbstdarstellung in der Spätantike. Schade nur, dass bei der Schlussredaktion diverse Schreib- und Satzfehler, insbesondere auch bei Verweisen auf den Katalog, übersehen worden sind.“
Martin Guggisberg
In: Archäologische Berichte (2013), Heft 70/1 S. 113.
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„Mit der Veröffentlichung seiner Dissertation trägt Ulrich Gehn einen entscheidenden Teil zum besseren Verständnis einer Monumentengattung bei, die in den letzten Jahren wieder vermehrt im Fokus altertumswissenschaftlicher Forschung stand. Er widmete sich nämlich der spätantiken Ehrenstatuen bzw., wie es der Untertitel verrät, den Darstellungen von Chlamydati und spätantiker Togati; beide stellen im 4. Jahrhundert neu entwickelte Statuentypen dar. Gehn liefert mehr als eine rein chronologische Ordnung des Materials. Damit geht er weit über die wenigen, älteren Publikationen zu diesem Thema hinaus. Zum einen bezieht er erstmals Statuen aus dem Westteil des spätrömischen Reiches sinnvoll in die Untersuchung mit ein; zum anderen beleuchtet er das Verhältnis der magistratischen Ehrenstatuen zu denen der Kaiser und berücksichtigt auch Inschriftenformular und weitere literarische Quellen. Dabei entwickelt er stilistische wie typologische Datierungskriterien und nimmt anschließend eine ikonographische wie ikonologische Interpretation vor (14). (...)
Bei seiner Vorlage der Statuenmonumente berücksichtigt Gehn die Monumente in ihrer Ganzheit und liefert mit Rücksicht auf die inschriftlichen und literarischen Quellen in antiquarischer Genauigkeit erstmals eine umfassende Interpretation spätantiker Ehrenstatuen, insbesondere der Beamtenstatuen. Dieser gelungene Ansatz macht sein Buch zu einem wichtigen Referenzwerk für kommende Forschungen zu Statuen der Spätantike.“
Markus Löx
In: sehepunkte
http://www.sehepunkte.de/2013/03/22683.html (4. April 2013)
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“Gehn’s study presents an accurate formulation of the state of the question regarding these statues, and it is very useful to be able to peruse the entire corpus in a single volume. The general picture is of a substantial body of evidence straining against interpretive strategies that it may have outgrown. The theory of correspondence between rank and costume is one example. Gehn refrains from rejecting it, and surely there were loose codes of etiquette on this point, but his distinction between “Chlamyskostüm” and “Togakostüm” is more descriptive than Delbrueck’s “Stadtkostüm,” “Dienstkostüm” and “Togakostüm.” The theory of the “unbridgeable chasm” between emperor and subject may be wearing thin. Here too Gehn takes a moderate position, and surely no non-emperor was ever portrayed with the diadem. But the overarching narrative is clearly one of the costumes of fifth-century elites “catching up” with innovations first seen in imperial costume in the late third and fourth centuries.
Both theories derive from the image, beloved of late antique orators, of society as an elegant hierarchy anchored in the quasi-divine remove of the emperor. This image existed alongside a reality marked by vicious power struggles among those elites who were the recipients of honorific statues, in which the line between permissible ambition and status usurpation was set more by immediate circumstance than by firmly established codes of etiquette. “Here shines the semblance of a iudex , there of a togatus , / and here again of an armatus ,” writes Claudian of the statues of the praepositus sacri cubiculi Eutropius (Eutr. II.72-73). The omnipresence of Eutropius’s image, in all possible guises (chlamys, toga, and full military garb), has become the object of the rhetor’s reproach, but who begrudged him the same while he was in favor? Claudian’s invective was written to flatter another presumptuous non-emperor, Stilicho, who was honored with two statues in the otherwise exclusively imperial Forum Romanum, before he too fell from favor a few years later. The challenge is to accommodate the more arbitrary and seemingly chaotic aspects of late antique power structures, within which codes were regularly broken and etiquette regularly breached, within an account that also acknowledges the potency of the ideal of hierarchy and order. Gehn’s considerable labors have set us in a better position to tackle these questions. ”
Benjamin Anderson
In: Bryn Mawr Classical Review. 2012.11.65
http://bmcr.brynmawr.edu/2012/2012-11-65.html (15. Januar 2013)
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„Ulrich Gehn untersucht die Entwicklung der spätantiken Ehrenstatuen sowohl im Westen als auch im Osten des Imperiums. Die veränderte Kleiderordnung, die in den neuen Statuentypen zum Ausdruck kommt, beruht auf dem gesellschaftlichen, politischen und administrativen Wandel, der seit der Tetrarchie (spätes 3. Jh.) die römischen Oberschichten umformte. Dieser Restrukturierungsprozess ist (erst) am Ende des 4. Jh. so weit abgeschlossen, dass neue Bildmuster geprägt werden konnten. Diese Bildmuster mussten den veränderten Repräsentationsbedürfnissen der senatorischen Amtsträger Rechnung tragen, die nicht mehr zivile stadtrömische Amtsträger, sondern Angehörige einer Ost und West umfassenden, militärisch durchstrukturierten Reichselite waren. Die neuen Repräsentationsformen mussten die Stellung des Geehrten im Gefüge der ordines dignitatum abbilden, sie mussten zudem geeignet sein, das gewandelte Verhältnis des Senatorenstandes zum Kaiser zu erfassen. Die neuen Muster setzten sich reichsweit durch. Die Arbeit des Autors bietet erstmals eine umfassende Interpretation des bislang veröffentlichten Materials und erschliesst einen wichtigen Aspekt antiker Stadtkultur.“
In: helvetia archaeologica. 43 (2012) Heft 170/171.
Ulrich Gehn
geboren 1961 in Köln. Berufserfahrung als Erzieher mit Jugendlichen, mit behinderten Kindern und Erwachsenen; Studium der Linguistik, Literaturwissenschaft und Politologie in Berlin; langjährige Tätigkeit als Dozent für Deutsch als Fremdsprache. Studium der Altertumswissenschaften (Klassische Archäologie und Latein) als Realisierung eines Lebenstraumes; währenddessen Freier Mitarbeiter an den Antikensammlungen Berlin. 2009 Promotion in Klassischer Archäologie bei H. Wrede an der HU Berlin; 2009-2011 Mitarbeit am „Last-Statues-of-Antiquity“ Project der Universität Oxford (Prof. R. R. R. Smith, Dr. B. Ward-Perkins).
Für das Last-Statues Projekt ist die Veröffentlichung eines auf Vollständigkeit zielenden Online-Kataloges von Testimonien für spätantike Statuenweihungen und einer begleitenden Print-Publikation noch in Vorbereitung.
Diese Schriftenreihe widmet sich speziell den Forschungen zur Christlichen Archäologie und Kunstgeschichte in spätantiker und frühchristlicher Zeit. Sie umfasst die gesamte Epoche der Spätantike bis zum frühen Mittelalter, im Bereich des byzantinischen Reiches auch darüber hinaus.
Die Reihe ist überkonfessionell und ohne Bindung an bestehende Institutionen, arbeitet jedoch mit der „Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie zur Erforschung spätantiker, frühmittelalterlicher und byzantinischer Kultur“ zusammen. Sie konzentriert sich vor allem auf die Kunstdenkmäler und versteht sich daher nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu schon bestehenden Reihen, die in der Regel nicht nur die materielle Hinterlassenschaft der alten Kirche, sondern stets auch literarische, theologische und philologische Themen behandeln.
Einer klareren Zuordnung und einer größeren Bandbreite der verschiedenen Disziplinen wegen wurden zwei Unterreihen eingerichtet:
Die Reihe A „Grundlagen und Monumente“ setzt sich schwerpunktmäßig mit einzelnen Denkmälern bzw. Denkmalgruppen im Sinne einer korpusartigen Erfassung der Denkmäler auseinander.
In der Reihe B „Studien und Perspektiven“ werden einerseits Vorträge der Tagungen der „Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie“ publiziert, andererseits bietet sie ein Forum für Untersuchungen zu den verschiedensten Fragen aus dem Gebiet der spätantiken/byzantinischen Archäologie und Kunstgeschichte.