Der vorgelegte Band basiert auf einem Kolloquium zweier Forschungszentren der Philiosophischen Fakultät der Universität zu Köln, des „Lehr- und Forschungszentrums für die antiken Kulturen des Mittelmeerraums (Zakmira)“ und des „Zentrums für Mittelalterstudien“. Verschiedene Autoren aus den Fächern Archäologie, Geschichte, Judaistik, Kunstgeschichte, Mittellatein und Philosophie stellen in den Beiträgen die vielfältigen Phänomene der Weiterverwendung und Neuinterpretation antiker Werke im Mittelalter in unterschiedlichen Bereichen aus interdisziplinärer Perspektive vor und vergleichen sie miteinander.
Das Mittelalter baut in vielen Bereichen des praktischen wie geistigen Lebens auf Erkenntnissen, Strukturen und Werken der Antike auf oder fügt diese auf unterschiedliche Weise in seine eigene kulturelle Ordnung ein. In den mittelalterlichen Städten gaben antike Straßenzüge, Verteidigungsmauern und Monumentalbauten eine räumliche Struktur vor, die an neue Bedürfnisse angepasst wurde, indem bestimmte Bereiche verlassen, Bauten umfunktioniert oder überbaut wurden. Bildung, Wissenschaft und Kunstfertigkeit der Antike wurden an Königshöfen und in Klöstern geschätzt – viele Werke der antiken Literatur wurden abgeschrieben, kommentiert oder neu geordnet, antike Kostbarkeiten wurden in den Schatzkammern bewahrt, verschenkt und oft zu neuen Gegenständen verarbeitet. Doch dies sind nur einige Beispiele für die rege Auseinandersetzung mit der antiken Kultur im Mittelalter.
Die archäologische Forschung hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiv mit der Spätantike beschäftigt. Dabei galt das Interesse zum einem der Transformierung des antiken Repertoires in einem veränderten politischen und religiösen Umfeld, zum anderen dem Weiterbestehen und Weiterwirken von Strukturen und Lebensformen in vielen Bereichen des Alltags. In der deutschen Mediävistik des 20. Jahrhunderts richtete die historische und kunsthistorische Forschung ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die Antikenrezeption im Zusammenhang mit der karolingischen und ottonischen Renovatio imperii als herrscherlicher Legitimationsstrategie sowie auf die Wissenschafts-Renaissance im 12. Jahrhundert. Neuere Arbeiten zeigen nun die Fortführung und die Veränderungen antiker Verwaltungsformen, Leitbegriffe, Gesetzeswerke oder Lehrbücher auf und reflektieren die mittelalterlichen Antikenbilder und -fiktionen.
Diese neuen Impulse greift der vorliegende Band, der auf einem Kolloquium zweier Forschungszentren der Philiosophischen Fakultät der Universität zu Köln – des „Lehr- und Forschungszentrums für die antiken Kulturen des Mittelmeerraums (Zakmira)“ und des „Zentrums für Mittelalterstudien“ – basiert, auf. Verschiedene Autoren aus den Fächern Archäologie, Geschichte, Judaistik, Kunstgeschichte, Mittellatein und Philosophie stellen in den Beiträgen die vielfältigen Phänomene der Weiterverwendung und Neuinterpretation antiker Werke in unterschiedlichen Bereichen aus interdisziplinärer Perspektive dar und vergleichen sie miteinander.
Die Begriffe Persistenz und Rezeption im Titel des Bandes weisen auf verschiedene Formen des Weiterlebens der Antike im Mittelalter hin. Der Begriff der Persistenz zielt auf das Beharrungsvermögen der antiken Relikte, auf die scheinbar selbstverständliche Aufnahme und Fortführung überkommener Formen, Stoffe und Strukturen; der Rezeptionsbegriff akzentuiert die bewusste Übernahme bestimmter kultureller Formen der Antike durch die Kulturträger der mittelalterlichen Gesellschaft. Auf diese Weise gelingt es, die unterschiedlichen Perspektiven der Altertumswissenschaften und der Mediävistik aufzunehmen und Disziplinen zusammenzuführen, die sonst durch Gegenstand und Methoden getrennt sind.
„13 Autoren eines Kölner Kolloquiums mit Teilnehmern aus der Archäologie und 7 mediävistischen Fächern legen eine facettenreiche Sammlung vor. Für das „Nachleben“ antiker Werke im Mittelalter (= MA), was bisher vorwiegend Thema von Kunstgeschichte und Archäologie war, wird der Blick erheblich erweitert, worüber hier nicht angemessen informiert werden kann.“
In: Museum Helveticum. (2009). S. 168.
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„Insgesamt wird man die Bedeutung der hier behandelten Fragestellung nicht bestreiten können, und insofern gehört dieser Sammelband zu den besseren seiner Art, wenngleich man bedauern mag, daß die Zunft der Mittelalterhistoriker ein wenig unterrepräsentiert ist.“
In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. 65,1 (2009). S. 433-435.
Dietrich Boschung war nach Lizentiat (1982) und Promotion (1983) in Bern von 1983-84 Hochschulassistent in Bern, danach Hochschulassistent in München. 1989 Habilitation an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zusätzliche Lehrtätigkeit an den Universitäten Augsburg und Marburg. 1993 bis 1994 Leiter des Forschungsarchivs für Antike Plastik am Archäologischen Institut der Universität zu Köln, von 1995 bis 1996 Professor für Klassische Archäologie an der Universität Regensburg. Seit 1996 Professur an der Universität zu Köln
Forschungsschwerpunkte: Antike Bildsprache, Antike Herrschaftssysteme und ihre mediale Präsentation, Sepulkralkunst der frühen Kaiserzeit, Sammlungen antiker Skulpturen im 17. und 18. Jahrhundert.
Susanne Wittekind studierte Kunstgeschichte, Neuere und Mittlere Geschichte sowie Philosophie in Tübingen und München 1984-93, gefördert durch die Studienstiftung des deutschen Volkes. Promotionsstipendiatin des Graduiertenkollegs „Politische Ikonographie“ in Hamburg (1990-92), Promotion 1993 in München, Post-Doc-Stipendiatin des Graduiertenkollegs „Schriftkultur und Gesellschaft im Mittelalter“ in Münster mit einem Projekt über die Kunststiftungen Abt Wibalds von Stablo (1993-95). Arbeitsprojekt „Christliche Kunst im 19. Jahrhundert (J. Schnorr v. Carolsfeld, L. Richter, J. Führich)“ 1996/97. 1999 Habilitation in München mit einer Arbeit über „Reliquiar, Retabel - Kunst der Liturgie im Mittelalter. Benediktinische Reform in den Kunststiftungen des Abtes Wibald von Stablo“ (gedruckt bei Böhlau 2004). Seit Sommersemester 2002 Professorin für Kunstgeschichte (Schwerpunkt Mittelalterliche Bildkünste) an der Universität zu Köln.
Forschungsschwerpunkte: Mittelalterliche Buchmalerei und Schatzkunst, Text-Bild-Forschung, Kunst und Liturgie, Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts, Historienmalerei 19. Jahrhundert