Der Fokus dieses Bandes liegt auf französischen und deutschen Artusromanen des 13. bis 15. Jahrhunderts. Die Forschungsdebatte um den Gehalt und spezifischen Charakter von Fiktionalitätsentwürfen im arturischen Roman ist bekanntermaßen nicht neu. Fiktionalität erscheint dementsprechend als vermittelte Größe, sozusagen als Wissensraum zweiter Ordnung. Im Gegensatz dazu werden in den hier versammelten Aufsätzen die Möglichkeiten fiktionaler Weltentwürfe jenseits von faktitiver Stringenz, Kohärenz oder Kontingenz ausgelotet.
Der Fokus dieses Bandes, dessen Beiträge zum größten Teil auf eine interdisziplinäre Tagung am Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrum Trier im September 2011 zurückgehen, liegt auf französischen und deutschen Artusromanen des 13. bis 15. Jahrhunderts. Die Forschungsdebatte um den Gehalt und spezifischen Charakter von Fiktionalitätsentwürfen im arthurischen Roman ist bekanntermaßen nicht neu. Sie wurde entscheidend von dem Postulat geprägt, dass fiktionale literarische Weltentwürfe in der vormodernen volkssprachlichen Dichtung stets nur innerhalb eines kausal an die außerliterarische, wahrnehmbare und göttlich legitimierte Realität rückgebundenen Vorstellungs- und Wertesystems denkbar seien. Fiktionalität erscheint dementsprechend als vermittelte Größe, sozusagen als Wissensraum zweiter Ordnung. Im Gegensatz dazu werden in den hier versammelten Aufsätzen die Möglichkeiten fiktionaler Weltentwürfe jenseits von faktitiver Stringenz, Kohärenz oder Kontingenz ausgelotet, die insbesondere im jüngeren Artusroman sichtbar werden. Fiktionale Narration wird dabei als Mittel verstanden, Handlungsräume zu eröffnen, die jenseits einer auf außerliterarisches Weltwissen bezogenen Erzähllogik liegen. Damit bereichert der Band eine innerhalb der mediävistischen Philologien bereits seit längerem intensiv und immer wieder neu geführte Debatte um bisher gar nicht oder zumindest doch marginal behandelte Phänomene der Narration innerhalb einer zentralen Gattung der vernakulären Literaturen des europäischen Mittelalters.
„Diese Sammlung von zehn germanistischen und romanistischen Studien mit einer Einführung von Nikolaus Ruge [...] geht von einem Fiktionalitätsbegriff aus, der im jüngeren Artusroman, so die Hgg., ,die Möglichkeiten fiktionaler Weltentwürfe jenseits von faktitiver Stringenz, Kohärenz oder Kontingenz auslotet’, wobei sich, so Ruge, ,in den Beiträgen [...] eine Reihe methodischer Tendenzen herauskristallisieren’ sollen, ,für eine systematischere Erfassung dessen, was im 13. Jahrhundert an fiktionalitätsaffinen Erzählmodellen und -verfahren zur Verfügung stand’. Als Ausgangspunkt hierfür dient die Absenz vernakulärer zeitgenössischer Poetiken, die – unter Berücksichtigung von deren Historizität und kulturellen Gebundenheit – eine Rekonstruktion von Fiktionalitätssignalen am Textzeugnis über den discours statt über die histoire notwendig macht. Dieses Ziel verfolgen [..] die neun Germanisten und drei Romanisten.“
Von: Angelica Rieger
In: Das Mittelalter, 2017, Band 22, Heft 2, S. 487-489.
Prof. Dr. Martin Przybilski
(geb. 1970); Studium der Germanistik, Geschichte und Klassischen Philologie in Paderborn und Würzburg; seit 2003 Professor für Ältere deutsche Philologie an der Universität Trier; Forschungsschwerpunkte: Wolfram von Eschenbach, jüdisch-christlicher Kulturtransfer, Artusroman, literarische Kriegsschilderungen
Dr. Nikolaus Ruge
(geb. 1971); Studium der Germanistik und Soziologie in Bamberg; seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Ältere deutsche Philologie an der Universität Trier: Forschungsschwerpunkte: Sprachgeschichte, Varianz und mittelalterliche Textualität, Artusroman
Die Publikationsreihe „Trierer Beiträge zu den historischen Kulturwissenschaften“ versteht sich als Forum für historisch orientierte und fächerübergreifende Forschungen aus dem Bereich der Kulturwissenschaften. Neben Sammel- und Tagungsbänden umfasst das Spektrum der Reihe auch monographische Studien und Ausstellungskataloge.
Als Herausgeber der Buchreihe fungiert der Vorstand des im Rahmen der Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz finanzierten, an der Universität Trier angesiedelten „Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums“ (HKFZ) Trier. Das derzeitige Forschungsthema des HKFZ „Räume des Wissens – Orte, Ordnungen, Oszillationen“ wird in vernetzten Projektgruppen an der Universität Trier sowie in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus dem In- und Ausland bearbeitet.