Die erste deutsche Übersetzung von Vergils ‚Aeneis‘ überhaupt ist die des Franziskaners, promovierten Theologen, Juristen und poeta laureatus Thomas Murner (1475–1537). Ihre kultur- und literarhistorische Bedeutung dokumentiert sich einerseits durch ihre Zugehörigkeit zum Umfeld des Widmungsträgers Kaiser Maximilians I., andererseits durch den bewusst inszenierten humanistischen Gestus des Verfassers: Murner habe Vergils Werk, so die Vorrede, von latynschem todt in tütsches leben erquicket. Mit der vorliegenden Arbeit wird das langjährige Desiderat – eine Edition von Murners Werk – eingelöst. Sie bietet die deutsche ‚Aeneis‘ in dem von Murner angezielten historischen Benutzungsmodus: Dem deutschen Text wird synoptisch Murners lateinische Vorlage gegenüberstellt. Weil Murners ‚Aeneis‘-Übersetzung zu den ‚ungelesenen‘ Texten der Frühen Neuzeit gehört, greifen die Untersuchungen eine Reihe von Themensegmenten auf, die der Forschung mögliche Richtungen weisen und Wege bahnen können.
Julia Frick studierte Germanistik und Latinistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Von 2013–2016 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt zur Erstausgabe von Thomas Murners ›Aeneis‹-Übersetzung unter der Leitung von Prof. Dr. Nikolaus Henkel und wurde am 06.06.2016 promoviert. Seit August 2016 ist sie wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Susanne Köbele, Ältere deutsche Literaturwissenschaft, Deutsches Seminar, Universität Zürich. Ihr Habilitationsprojekt gilt der Kurzfassungen mittelhochdeutscher Epen des 13. Jahrhunderts.
Die „Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters“ (MTU) sind eine international hochrenommierte Reihe der germanistischen Mittelalterforschung. Sie stellt ausgewählte editorisch und methodisch-analytisch orientierte Arbeiten von Fachkollegen aus dem In- und Ausland für die wissenschaftliche Öffentlichkeit bereit. Publikationssprachen sind Deutsch und Englisch. Die Reihe versteht sich als Forum für Publikationen zur Grundlagenforschung (Editionen, Untersuchungen zur Überlieferungs- und Textgeschichte, Standardrepertorien aus den Bereichen der material philology) wie auch für analytische Beiträge zur aktuellen Methodendiskussion anhand exemplarischer Untersuchungen.