Unter dem Leitbegriff ‚Orts-Wechsel‘ diskutieren die Beiträge des vorliegenden Bandes in einem thematisch und chronologisch weitgefassten Spektrum vom europäischen Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert Fragen der Konstitution, der Stabilisierung und der Veränderung von Wissenswelten. An so unterschiedlichen Gegenständen wie Kirchengebäuden, Tafelbildern, Kupferstichen, literarischen Texten der erzählenden und dramatischen Literatur, Spielfilmen und Fernsehformaten zeigt sich, dass Zugriffs- und Deutungsmöglichkeiten auf Wissensbestände in ihrer Stabilität, invers aber auch in ihren Veränderungen bzw. Verschiebungen von ortsgebundenen Ordnungen und ihren Oszillationen abhängig sind.
‚Orts-Wechsel‘ stellen einen wichtigen Aspekt bei der Konstitution, der Stabilisierung, aber auch der Veränderung von Wissenswelten dar. Die Beiträge des vorliegenden Bandes diskutieren diese Zusammenhänge in einem thematisch und chronologisch weitgefassten Spektrum vom europäischen Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert, (inter)disziplinär von der Geschichtswissenschaft über die Philologien bis zu den Kunst- und Filmwissenschaften. Entlang von drei operativen Leitbegriffen – ‚Ort‘, ‚Ordnung‘ und ‚Oszillation‘ – werden diese Zusammenhänge beschrieben und analysiert. ‚Ort‘ wird dabei verstanden sowohl als räumliche Konkretisierung wie als imaginierbare Größe, ‚Ordnung‘ wird begriffen als idealtypische Systematisierung von Räumen und Wissensbeständen und ‚Oszillation‘ verstanden als dynamischer Tradierungs- und Obliterationsaspekt von Wissen. Leitende Fragen betreffen das Raum-Wissen, das Verhältnis von Fragmentierung und Isolierung, die Relation zwischen horror vacui und Täuschung sowie das Verhältnis von Kunst-Orten und künstlichen Orten. Die konkreten Verschränkungen von Orts-Wechseln und Wissenswelten, denen sich die verschiedenen Beiträge des Bandes widmen, reichen dabei von prima facie realen Orten wie dem römischen Nürnberg, dem Trierer Dom, Grönland und dem Südpol über TV-(Gegen)welten des British Empire und Tatorte des politischen Kriminalfilms bis hin zu den fiktiven Räumen und ordo-Phantasien des Artus-Romans, zu anachronistisch-anatopistischen Marienerscheinungen auf dem Theater des Weimarer Klassizismus und zu Kunstlandschaften, die Maß nehmen am Ort der Verdammten schlechthin, Dantes „Inferno“. An allen diesen Fällen zeigt sich, dass Zugriffs- und Deutungsmöglichkeiten auf Wissensbestände in ihrer Stabilität, invers aber auch in ihren Veränderungen bzw. Verschiebungen von ortsgebundenen Ordnungen und ihren Oszillationen abhängig sind.
Prof. Dr. Ulrich Port
Vita:
- Studium der Germanistik, Philosophie, Erziehungswissenschaft und Kunstgeschichte in Köln und Berlin
- erstes Staatsexamen 1992 in Köln
- Promotion 1995 in Köln mit dem Titel: „Die Schönheit der Natur erbeuten“. Problemgeschichtliche Untersuchungen zum ästhetischen Modell von Hölderlins „Hyperion“
- Habilitation 2003 in Köln mit dem Titel: Pathosformeln. Die Tragödie und die Geschichte exaltierter Affekte
- seit 2006 Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Trier
Schwerpunkte Lehre und Forschung:
Systematisch: Ästhetik; Beziehungen zwischen Literatur, Philosophie und bildender Kunst; Literatur, Religion und Mythos; literarische Anthropologie; Tragödie und Tragödientheorie; Kulturgeschichte der Natur
Historisch: Literatur und Ästhetik von 1750-1830; Nietzsche; Literatur der Weimarer Republik; Barockrezeption; Kulturtheorie des Warburg-Kreises
Prof. Dr. Martin Przybilski
- seit 2006 Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Trier
- Studium in Paderborn und Würzburg (M.A. 1996, Promotion 1999)
- Magister 1996
- Promotion 1999 mit dem Titel: sippe und geslehte. Verwandtschaft als Deutungsmuster im 'Willehalm' Wolframs von Eschenbach.
- Habilitation 2008 mit dem Titel: Kulturtransfer zwischen Juden und Christen in der deutschen Literatur des Mittelalters
- 2003-2009 Juniorprofessor für Ältere deutsche Philologie - Literatur des Mittelalters an der Universität Trier
- seit SS 2009 geschäftsführender Leiter des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums Trier
- seit WS 2009 Universitätsprofessor für Ältere deutsche Philologie - Literatur des Mittelalters an der Universität Trier
Schwerpunkte Lehre und Forschung:
Systematisch: Heldenepik; Wolfram von Eschenbach; 'Prosa-Lancelot'; jüdisch-christlicher Kulturtransfer im deutschen Mittelalter; Darstellung und Codierung von Affektivität in der Vormoderne; historische Repräsentationsformen von Luxus; Editionsphilologie; Fiktionalität des höfischen Romans; Wissensraum "Krieg"
Historisch: hochmittelalterliche Literatur; vorreformatorisches Nürnberger Fastnachtspiel; Kulturgeschichte der deutschen Literatur im Mittelalter; historische Geschlechterstudien
Die Publikationsreihe „Trierer Beiträge zu den historischen Kulturwissenschaften“ versteht sich als Forum für historisch orientierte und fächerübergreifende Forschungen aus dem Bereich der Kulturwissenschaften. Neben Sammel- und Tagungsbänden umfasst das Spektrum der Reihe auch monographische Studien und Ausstellungskataloge.
Als Herausgeber der Buchreihe fungiert der Vorstand des im Rahmen der Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz finanzierten, an der Universität Trier angesiedelten „Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums“ (HKFZ) Trier. Das derzeitige Forschungsthema des HKFZ „Räume des Wissens – Orte, Ordnungen, Oszillationen“ wird in vernetzten Projektgruppen an der Universität Trier sowie in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus dem In- und Ausland bearbeitet.