Jahrbuch Musiktherapie / Music Therapy Annual

Band 5 (2009) Musiktherapie und emotionale Differenzierung / Vol. 5 (2009) Music Therapy and Emotional Differentiation

Bettina Weixler

J. S. Bach, barocke Affektenlehre und Musiktherapie –

Versuch einer Zusammenführung

2009 DOI: https://doi.org/10.29091/9783752001877/007 Page 127 - 145 9783752001877_007.pdf 169.4 KB

Musikalische Affektenlehre und Musiktherapie scheinen auf den ersten Blick Jahrhunderte auseinander zu liegen und wenig gemein zu haben. Neben den gemeinsamen Wurzeln in der antiken Ethoslehre zeigt sich der große Einfluss der Affektenlehre auf die Entstehung der Musiktherapie. Die Affinität der beiden Disziplinen wird in ihrem Grundverständnis bezüglich der Einflussmöglichkeiten von Musik auf den Menschen deutlich. Gehen doch beide davon aus, dass Affektausdeutung, Affektnachahmung, Affektänderung und Affektausdruck mittels Musik möglich ist. Die Bachsche Musik wird hier stellvertretend für Barockmusik gesehen, da sie als Inbegriff barocker Kompositionskunst sowie der Anwendung von Affektenlehre und musikalischer Rhetorik betrachtet werden kann. Es gilt hier die Zusammenhänge und Unterschiede der Disziplinen, sowie die Gründe für die Anwendung/Nicht-Anwendung barocker, in der Tradition der Affektenlehre stehender Musik in der Musiktherapie aufzuzeigen. Zudem wird der Versuch unternommen, die unterschiedlichen Definitionen des Affektbegriffs in den Psy-Wissenschaften (Psychologie, Psychiatrie, Psychotherapie) und der Musiktherapie zu fassen. Es kann gezeigt werden, dass die Musik J. S. Bachs in der Musiktherapie Anwendung findet. Eine bestimmte Verwendung Bachscher Musik in Bezug auf die Indikation und Zielsetzung, im Sinne umschriebener Krankheitsbilder, kann nicht nachgewiesen werden. Es konnten jedoch vier Problemfelder (durch Analyse von Fallbeispielen in der Fachliteratur (1948–2009) sowie einer Expertenbefragung) ausgemacht werden, in denen Bachsche Musik häufiger zum Einsatz kommt. Diese Problemfelder umfassen die Themenkreise „Sterben“, „Angst“, „Spiritualität“ sowie „Strukturbedürfnis“.

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