Jahrbuch Musiktherapie / Music Therapy Annual

Band 6 (2010) Imagination in der Musiktherapie / Vol. 6 (2010) Imagery in Music Therapy

Ulrike Olschewski

Poesie in der Musiktherapie

2010 DOI: https://doi.org/10.29091/9783752001884/005 Page 69 - 87 9783752001884_005.pdf 267.5 KB

Das in einer musiktherapeutischen Improvisation zum Ausdruck Gelangte und Erlebte lässt sich in einem Reflexionsgespräch nicht ohne Weiteres in Sprache übersetzen. Beschreibungen dessen erscheinen oft unzulänglich und eine stets vielschichtige und komplexe Bedeutung zu verkürzen. Da es aber in der Musiktherapie nicht nur um den bloßen Ausdruck von Innerpsychischem geht, sondern auch um ein Verstehen unbewusster, unbewältigter Konflikte, welche gegenwärtig problematische oder gestörte seelische Verhältnisse nach sich ziehen, wird auch Sprache benötigt. Poesie ist in ihrem Wesen einerseits der Musik ähnlich, bedient sich gleichzeitig aber auch der Wortsprache und kann somit eine Schnittstelle zwischen Musik und sprachlicher Reflexion ermöglichen. Indem nach einer musiktherapeutischen Improvisation statt eines Gespräches ein Moment folgt, in welchem Patienten spontane Einfälle, Assoziationen, Bilder und Gedanken zu einem Gedicht gestalten, kann ein Übergangsraum zwischen Musik und Reflexion erfolgen und kann eine Verbindung zwischen Unbewusstem und Bewusstsein hergestellt werden, ohne mit vorschnellen Deutungen und Versprachlichungen Inhalte zu verkürzen.

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