Der Band versammelt Beiträge einer transdisziplinär ausgerichteten Tagung, die sich, orientiert an den Leitbegriffen „Ort“, „Ordnung“ und „Oszillation“ mit kulturellen Zu- und Beschreibungen von Räumen des Wissens befassen, die sowohl faktitiven wie real existenten Raumkonstrukten zugeordnet sein und einander in polyvalent verschränkter Weise überlappen können. Die Spanne der in den Blick genommenen Beispiele reicht dabei chronologisch vom hohen Mittelalter bis in die Moderne, vom Gegenstand her vom gotischen Kathedralbau bis zum Tagebuch des Lodzer Ghettos. Die Konzentration auf die genannten Leitbegriffe eröffnet dabei neue, oftmals erstmalig mögliche Blickwinkel auf die kulturhistorische Bedeutung der Kategorie des Raums für das europäische Wissensarchiv.
Der Tagungsband „Orte - Ordnungen - Oszillationen. Raumerschaffung durch Wissen und räumliche Struktur von Wissen“ nimmt auf die in den Kulturwissenschaften nach wie vor aktuellen Forschungsdebatten zum spatial turn Bezug und stellt drei Begriffe - Ort, Ordnung und Oszillation - in den Mittelpunkt. Dabei wird der Begriff „Ort“ als räumliche Konkretisierung von Wissensbeständen sowie als imaginierbare Größe innerhalb des kulturellen Gruppengedächtnisses verstanden. Die „Ordnung“ versinnbildlicht die reale und/oder imaginierte Systematisierung von Räumen und Wissensbeständen. Der Begriff „Oszillation“ beschreibt die dynamischen Tradierungs- und Obliterationsprozesse, denen konkrete und imaginierte Wissensräume unterliegen können. Damit unternimmt der Band ganz bewusst die theoretische Erweiterung des Konzepts „Wissensraum“ und bezieht es nicht ausschließlich auf einen in der materiellen Welt topo- oder geographisch lokalisierbaren Ort, an dem Wissen gespeichert ist. Vielmehr wird die Auffassung vertreten, dass Wissen nicht nur vorgegebenen, von ihm unabhängigen Räumen zugeordnet, sondern schon in seiner Formierung selbst an Prozesse der Verräumlichung gebunden ist. Zentral sind daher insbesondere die Fragen nach der Verräumlichung von den per se nicht schon räumlich verfassten Größen, wie sie in den hier vorgelegten Studien exemplarisch analysiert werden. Die Publikation kann erstmals diverse Verräumlichungsprozesse und ihre Dynamiken und Kontinuitäten sowie Diskontinuitäten, Unordnungen und Umkehrungen auf breiter Basis darstellen und wirft unter anderem folgende Fragen auf: Wie hängen Wissen und (soziale, politische, anthropologische, zoologische usw.) Ordnung(en) zusammen und wie bedingen sie sich? Inwiefern kann Wissen an einen Ort gebunden sein und wie wird diese Ortsgebundenheit kommuniziert? Wie wird ein Wissensraum in literarischen und publizistischen Textgattungen konstruiert und wie werden diese als Handlungs- und Spielräume entwickelt bzw. als Medien zur Tradierung von Wissen und dessen Transformation genutzt? Die Beiträge umfassen ein thematisch und chronologisch weit gefasstes Spektrum vom europäischen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert und vereinigen solche Fächer wie Kulturwissenschaft, Geschichte, Philologien, Literaturgeschichte, Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Medienwissenschaft.
Die in diesem Band versammelten Beiträge gehen auf die zweite Jahrestagung des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums (HKFZ) Trier zurück, die unter breiter Beteiligung der Doktorandinnen und Doktoranden, Stipendiatinnen und Stipendiaten des Zentrums sowie der thematisch assoziierten Verbünde innerhalb und außerhalb der Universität Trier am 4. und 5. Dezember 2009 an der Universität Trier stattgefunden hat.
„Die positive Gesamtbilanz verdankt sich insofern vor allem der Anschlussfähigkeit einzelner Beiträge: Weiterführend ist etwa die Frage nach einer Korrespondenz von räumlicher Wissensordnung als >Nebeneinander< und Simultanisierung als zeitlichem Effekt solcher Ordnung oder die Frage nach dem Verhältnis von >Raumwissen< und >Wissensraum<. Es wird der hohe Stellenwert neuer Medien ersichtlich und darüber hinaus stellt sich die grundlegende Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen von >Raum< als Erkenntnismodell im Medium Sprache.“
Dr. Coralie Rippel, Universitär Zürich
In: Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und Literatur, 2014. Band 136, Heft 2, S. 295-300.
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Allen Beiträgen sind umfassende Literaturverzeichnisse beigegeben, in denen auch die intemationale Forschung
angemessen repräsentiert ist. Ein Register der Orts- und Personennamen und ein Sachregister beschließen den sorgfältig redigierten und ansprechend gesetzten Band.
Prof. Dr. Heiko Hartmann
In: Mediaevistik (2012) Heft 25 S.261-263.
Natalia Filatkina
Studium der Germanistik, Anglistik, Pädagogik und der Interkulturellen Kommunikation an der Staatlichen Linguistischen Universität Moskau und an der Humboldt Universität zu Berlin.
2003: Promotion an der Otto Friedrich Universität Bamberg;
2003-2006: Wissenschaftliche Assistentin (C1) im Fachteil Ältere deutsche Philologie/Germanistik an der Universität Trier;
seit 2007: Leitung (inklusive des Promotionsrechts) der Nachwuchsforschergruppe „Historische Formelhafte Sprache und Traditionen des Formulierens (HiFoS)“ an der Universität Trier (Sofja Kovalevskaja Preis 2006 der Alexander von Humboldt-Stiftung; Stifter: Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Forschungsschwerpunkte: historische deutsche Sprachwissenschaft in ihrem Bezug zum Gegenwartsdeutschen; Sprachwandel und Sprachwandeltheorien; Variation und Norm; historische formelhafte Sprache; Historische Dialoganalyse
Martin Przybilski
Studium in Paderborn und Würzburg; 1996: Magister Artium.
1999: Promotion;
1993-1997: Lehrbeauftragter für Ältere deutsche Literaturwissenschaft und Jiddistik am Fachbereich III der Universität-Gesamthochschule Paderborn;
1998-2003: Lehrbeauftragter für Ältere deutsche Philologie und Jiddistik an der Philosophischen Fakultät II der Julius-Maximilians-Universität Würzburg;
1999-2001: Honorarkraft am Genisa-Projekt des Jüdischen Kulturmuseums Veitshöchheim/Ufrk.;
2001-2002: wissenschaftlicher Mitarbeiter am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig;
2002-2003: Forschungsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg;
2003-2009: Juniorprofessor für Ältere deutsche Philologie - Literatur des Mittelalters an der Universität Trier;
seit WS 2009: Univ.-Prof. für Ältere deutsche Philologie - Literatur des Mittelalters an der Universität Trier;
seit Juli 2009: geschäftsführender Leiter des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums (HKFZ) Trier.
Forschungsschwerpunkte: Hochmittelalterliche Literatur; Heldenepik; Wolfram von Eschenbach; Prosa-Lancelot; Vorreformatorisches Fastnachtspiel; Jüdisch-christlicher Kulturtransfer im deutschen Mittelalter; Kulturgeschichte der deutschen Literatur im Mittelalter; Geschlechterstudien; Darstellung und Codierung von Affektivität; Historische Repräsentationsformen von Luxus; Editionsphilologie
Die Publikationsreihe „Trierer Beiträge zu den historischen Kulturwissenschaften“ versteht sich als Forum für historisch orientierte und fächerübergreifende Forschungen aus dem Bereich der Kulturwissenschaften. Neben Sammel- und Tagungsbänden umfasst das Spektrum der Reihe auch monographische Studien und Ausstellungskataloge.
Als Herausgeber der Buchreihe fungiert der Vorstand des im Rahmen der Forschungsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz finanzierten, an der Universität Trier angesiedelten „Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums“ (HKFZ) Trier. Das derzeitige Forschungsthema des HKFZ „Räume des Wissens – Orte, Ordnungen, Oszillationen“ wird in vernetzten Projektgruppen an der Universität Trier sowie in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus dem In- und Ausland bearbeitet.