Aufbauend auf verschiedenen Publikationen, die der Autor in den letzten Jahren verfaßt bzw. mitverfaßt hat (Altgeorgisch-Deutsches Wörterbuch, Kartwelisches Etymologisches Wörterbuch, Kartwelsprachen u. a.), und unter Verwendung vor allem sprachwissenschaftlicher Methoden rekonstruiert die Arbeit im ersten Teil wesentliche Züge der Phonologie,
Morphonologie, Grammatik und Lexik der kartwelischen Grundsprache. Ausgehend von dem rekonstruierten Wortschatz, werden die Siedlungs-, Arbeits- und Lebensumstände der Kartwelier dargelegt, wobei streng zwischen den Zeitebenen der
georgisch-sanischen Grundsprache und der kartwelischen Grundsprache unterschieden wird. Der letzte, umfangreiche Teil der Arbeit geht auf die Frage ein, wo der Siedlungsraum der Sprecher der kartwelischen Grundsprache lag. Dazu zieht er vorwiegend Angaben aus dem kartwelischen Grundwortschatz heran, aber auch Hinweise aus frühen historischen Quellen sowie sprachliche Parallelen, die Schlüsse auf die prähistorischen Nachbarn der Kartwelier zulassen. Die einzelnen Teile der Arbeit finden jeweils in einer kurzen Zusammenfassung ihren Abschluß.
Die Arbeit erforscht die Umstände, unter denen die Kartwelier, d. h. die Vorfahren der heutigen Georgier, Mingrelier, Lasen und Swanen, deren Sprachen in der südkaukasischen Familie der Kartwelsprachen zusammengefaßt werden, lebten und wirkten. Dabei knüpft sie an mehrere Publikationen an, die der Verfasser in den letzten Jahren veröffentlicht hat: Kartwelisches Etymologisches Wörterbuch (2007), Kartwelsprachen (2009), Die georgische Sprache (2012), Die ältesten georgischen Inschriften (2013) u. a., baut auf ihnen auf und führt sie unter Hinzuziehung umfangreichen Materials zu neuen Ergebnissen. Der Verfasser bedient sich bei seinem Vorgehen vor allem sprachwissenschaftlicher Methoden, in erster Linie der historisch-vergleichenden Methode und der Methode der inneren Rekonstruktion.
Die Erörterungen sind in drei Teile gegliedert: 1. die kartwelische Grundsprache, 2. die Kultur der Kartwelier, 3. der Siedlungsraum der Kartwelier. Alle Teile beinhalten eine Rekonstruktion des prähistorischen Befunds dieser früheren ethnischen Gemeinschaft, der sich heute nur noch aus den regelmäßigen, systemhaften Entsprechungen erschließen läßt.
Im ersten Abschnitt werden aus dem sprachlichen Material des Georgischen, der ältestbelegten Sprache Kaukasiens, des Mingrelischen, Lasischen und Swanischen wesentliche Teile der kartwelischen Grundsprache wiederhergestellt. Aus den regelmäßigen Phonementsprechungen zwischen den rezenten Kartwelsprachen, die sich aufgrund des spontanen und des kombinatorischen Lautwandels erkennen lassen und anhand reichen Materials illustriert werden, wird das neueste Modell des phonologischen Systems der Grundsprache dargestellt, sein Charakter umrissen und werden morphonologische Spezifika (strukturelle Besonderheiten von Wurzel- und Affixmorphemen, Restriktionen im Morphemaufbau usw.) herausgearbeitet. In ähnlicher Weise wie die Phonologie und Morphonologie werden auch die Grammatik und die Lexik der Grundsprache beschrieben und ihre wesentlichen Merkmale benannt, die am Schluß in einer Zusammenfassung nochmals kurz skizziert sind.
Der zweite Abschnitt behandelt die Kultur der Kartwelier, die diese Grundsprache gesprochen haben. Diesem Teil liegen die Ergebnisse zugrunde, die im ersten Teil zur Lexik der kartwelischen Grundsprache gewonnen wurden. Aus dem grundsprachlichen Wortschatz lassen sich wichtige Erkenntnisse erschließen, die die Siedlungs- und Lebensumstände der Kartwelier betreffen, wobei streng zwischen den Zeitebenen der georgisch-sanischen Grundsprache und der kartwelischen Grundsprache unterschieden wird. Die kulturellen Parameter, die sich aus der Sichtung des kartwelischen Wortschatzes ergeben, gestatten Einblick in viele diffizile Aspekte des Arbeitsumfelds und der gesellschaftlichen Verhältnisse der kartwelischen Sprachgemeinschaft, werfen aber auch gleichzeitig zahlreiche neue Fragen auf, die weiterer Forschung bedürfen.
Der letzte, umfangreiche Teil der Arbeit geht auf die Frage ein, wo der Siedlungsraum der Sprecher der kartwelischen Grundsprache lag. Dabei stützt sich der Verfasser vor allem auf die Angaben aus dem kartwelischen Grundwortschatz, zieht aber auch Hinweise aus den ältesten auswärtigen historischen Quellen (beispielsweise der Assyrer, Urartäer und Griechen) heran und vergleicht Material aus anderen, ehemals benachbarten Sprachfamilien mit dem kartwelischen Befund. Aus den sprachlichen Parallelen und deren Systemcharakter werden Schlüsse auf die prähistorischen Nachbarn der Kartwelier gezoge und das mögliche Areal näher bestimmt, in dem die Sprecher der kartwelischen Grundsprache gelebt haben. Zugleich lassen sich frühe Bewegungen der Sprachträger erkennen, die das Wandelbild der Migration großer Völkergruppen zeigen.
Geb. 1941 (Hammer/Brüx). 1959 Abitur. 1960-1965 Studium der Kaukasiologie in Jena. 1969 Promotion in Jena. 1971 Habilitation in Tbilisi. Seit 1965 wiss. Mitarbeiter an der Univ. Jena. Seit 1986 Professor, 2006 Emeritierung. Gegenwärtig: Rentner.
Forschungsgebiet: Historisch-vergleichende Sprachwissenschaft und Kaukasiologie.