The 'Letter Book' served as the basis for the formation of a community identity in the monastery Zum Grünen Wörth. What is unusual about this manuscript are the two conversion texts declared as autographs, the 'Four Years' of the founder Rulman Merswins and the 'Five Men's Book' of the (fictitious) friend of God in the Oberland, who acts as co-founder of the monastery. The new edition and first complete edition of the 'Letter Book' is introduced with studies on the palaeographic and codicological peculiarities of the manuscript and with a historical contextualisation. The picture cycle of the 'Master's Memorial' intended for the German Prior of St John is also analysed for the first time, of which the 'Letterbook' contains the accompanying title poems.
Das um 1400 entstandene ‚Briefbuch’ ist Teil der in der Strassburger Johanniterkommende Zum Grünen Wörth geschriebenen Memorialbücher, die zum Ziel hatten, die memoria der Stiftung Rulman Merswins nach dessen Tod im Jahr 1382 schriftlich zu fixieren und so für deren Fortbestand zu sorgen. Das ,Briefbuch‘ enthält eine vielseitige und vielschichtige Sammlung von Texten, die für die Darstellung von Gründung, Geschichte und Identität der Gemeinschaft der Strassburger Johanniterkommende von Bedeutung war. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Erarbeitung einer neuen, entstehungsgeschichtlich fundierten Gesamtedition des ‚Briefbuchs‘, die auf detaillierten Analysen zu Einband, Beschreibstoffen, Layout und Schreiberhänden basiert. Eine Besonderheit des ,Briefbuchs‘ sind die in den Codex eingeschobenen Lagen mit den ‚Vier Jahren‘ Rulman Merswins und dem ‚Fünfmannenbuch‘ des Gottesfreundes im Oberland. Sie werden in den redaktionellen Kommentaren als von ihren Verfassern eigenhändig geschriebene Dokumente deklariert. Diese Autographen sollten nicht aus dem Grünen Wörth entfernt werden, sondern vielmehr wie Reliquien (glich eime heiltuome) verehrt werden und zur Lektüre der Texte der Verfasser und anderer in den Memorialbüchern des Konvents enthaltenen Texte anregen. Die auch um 1400 in der Johanniterkommende entstandenen Abschriften dieser Stifterviten (in der Hs. Berlin, SBB-PK, Ms. germ. quart. 839) weichen von den Versionen des ,Briefbuchs‘ ab und werden aus diesem Grund in der Edition synoptisch abgedruckt. Ausgehend von einer vertieften Analyse des Verhältnisses zwischen materiellen und inhaltlichen Aspekten wird im Untersuchungsteil gezeigt, dass das ,Briefbuch‘ insgesamt als ein Gesamtgefüge zu verstehen ist, das sich aus mehreren Teilen – den einleitenden Kommentaren (sog. Rubriken) und den mit ihnen eingeleiteten Texten – zusammensetzt. Der Codex wurde als Kettenbuch in der Kommende befestigt und war für zeremonielle Akte oder Versammlungen im Kapitelsaal geeignet. Mit einer Analyse des historischen Kontexts wird die Bedeutung des ,Briefbuchs‘ im Zusammenhang mit der in der Kommende entstandenen Memorialbücher sowie mit der Entstehungsgeschichte des Klosters Zum Grünen Wörth untersucht. Eine herausragende Stellung nimmt dabei das für den obersten Deutschen Johanniterprior bestimmt ‚Meistermemorial‘ ein. Dieser verlorene Codex enthielt einen Bilderzyklus von zehn Miniaturen, von welchem nur im ,Briefbuch‘ die dazugehörigen Bildbeischriften (und auch andere Auszüge) enthalten sind. Die Analyse dieser Titelgedichte gibt einen Einblick in die im Konvent enthaltenen Kunstobjekte und die in Verbindung mit ihnen gelebte Religiosität.
Dr. Stephan Lauper studierte Germanistik und Geschichte an den Universitäten Freiburg/Schweiz und Erlangen-Nürnberg und wurde 2018 an der Universität Freiburg/Schweiz in Germanistischer Mediävistik promoviert. Forschungsaufenthalte an der University of Manchester (2016), an der Universität Wien (2017/2018) und an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München (2020/2021). Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Freiburg/Schweiz (2013–2019) und an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (2018/2019 und 2021/2022). Forschungsschwerpunkte: Geistliche Literatur des Mittelalters, Buch und Identität, Kodikologie und Paläographie, Editionsphilologie, Buch- und Bibliotheksgeschichte, Digital Humanities.
Die Buchreihe „Scrinium Friburgense“ umfasst Editionen, Monographien und Kolloquiumsbände aus allen Bereichen der Mediävistik, von der Kodikologie, Paläographie und Epigraphik über die mittelalterliche Geschichte, Philosophie- und Kunstgeschichte und die lateinische, deutsche, englische, französische, italienische und spanische Literatur des Mittelalters bis zur Byzantinistik. Besonders willkommen sind Arbeiten interdisziplinären Zuschnitts.