Zwischen dem 3. und dem 5. Jh. n. Chr. veränderte sich das römische Imperium in vielerlei Hinsicht, die Gesellschaftsordnung blieb jedoch in ihrem Kern bestehen. Die Wohnkultur der Eliten jener Zeit gewährt Einsichten in das Verhältnis von Kontinuität und Transformation. Inwiefern wandelten sich die Wohnviertel der antiken Städte? Veränderten sich die Nutzungsgewohnheiten von Bewohnern und Gästen oder der Wohngeschmack der Hausherren? Am Beispiel einer Gruppe besonders gut erhaltener Häuser in der römischen Hafenstadt Ostia werden diese und andere Fragen eingehend besprochen. Die Untersuchung zeigt deutlich, wie sich die Wohnkultur der römischen Oberschichten im Zusammenspiel von überregionalen und lokalen Entwicklungen, von Tradition und Innovation sukzessive veränderte.
Im Laufe der späten Kaiserzeit und der Spätantike – zwischen dem 3. und dem 5. Jh. n. Chr. – veränderte sich das römische Imperium in vielerlei Hinsicht, die Gesellschaftsordnung blieb jedoch in ihrem Kern bestehen. Ausgehend von einer Gruppe herausragend gut erhaltener Häuser dieses Zeitraums in der antiken Hafenstadt Ostia wird das Verhältnis von Kontinuität und Transformation der Wohnkultur zwischen Kaiserzeit und Spätantike in dieser Arbeit eingehend untersucht. Dabei werden unter anderem folgende Fragen thematisiert: Inwiefern wandelten sich die Wohnviertel der spätantiken Städte? Veränderten sich die Nutzungsgewohnheiten von Bewohnern und Gästen? Wie wandelten sich Wohngeschmack und Selbstverständnis der Hausherren?
Im Zentrum der Arbeit steht eine Gruppe von 18 teils großen und reich ausgestatteten Wohnhäusern, die während des Untersuchungszeitraums instand gehalten oder neu errichtet wurden. An Ihnen lassen sich die genannten Fragen exemplarisch beantworten: So zeichnet sich in Ostia ab, dass sich Veränderungen der regionalen Wirtschaftsstruktur wie die Abwanderung großer gewerblicher Einrichtungen ab dem beginnenden 3. Jh. n. Chr. in einer veränderten Ausdehnung und Verteilung der Wohnviertel ebenso wie in einem zunehmenden Kontrast zwischen der Instandhaltung mancher Stadtviertel und dem Verfall anderer niederschlug. Während desselben Zeitraums lassen sich in Ostia auch Veränderungen der Raumstrukturen und der dekorativen Ausstattung der Wohnhäuser greifen. Vergleiche mit Häusern in anderen Teilen des römischen Reiches zeigen, dass die in Ostia beobachteten Transformationen für die Entwicklung der Wohnkultur des 3. bis 5. Jhs. n. Chr. weitestgehend repräsentativ sind. Die Veränderungen der Häuser lassen auf sich wandelnde Formen der Raumnutzung schließen. So waren spätantike Hausherren offenbar um eine zunehmende Kontrolle der Bewegung von Gästen und Besuchern, um eine Absonderung der Empfangsbereiche von den Rückzugsbereichen und um eine zunehmend ostentative Inszenierung der Qualitäten des Hauses bemüht. Ihre tatsächliche oder ersehnte Zugehörigkeit zur gesellschaftlichen Elite drückten die Herren anspruchsvoller Häuser in der Spätantike nicht mehr wie zuvor über die Evokation einer bukolischen und sakralen Atmosphäre aus, sondern über eine unvermittelte Zurschaustellung ihrer Finanzkraft und ihres Einflusses. Die am archäologischen Befund beobachteten Transformationen gehen mit einem gesellschaftlichen Wandel einher, in dessen Zuge die Mitglieder des Senats in Rom ebenso wie die Angehörigen der städtischen Führungsschichten ihre Kompetenzen innerhalb der jeweiligen Stadtgesellschaft zum Teil neu definieren mussten. Eben diese Veränderungen scheinen die Architektur und die Ausstattung der Wohnhäuser widerzuspiegeln.
Anders als vorhergehende Untersuchungen beruft sich die Arbeit dabei nicht nur auf einzelne Aspekte der spätantiken Wohnkultur, sondern legt den zentralen Thesen eine umfassende bauhistorische Analyse und Dokumentation von 18 Hausbefunden zu Grunde, die zugleich als Ausgangspunkt für weitere Forschungen zur Wohnkultur der Kaiserzeit und der Spätantike dienen soll.
„Danner has succeeded in providing a solid, detailed documentation of 18 late antique houses in Ostia, including the descriptions of wall structures, floor levels, remains of wall paintings, inscriptions and sculpture found in the houses. [...]
[T]he book provides an important and long-awaited contribution to the study of building history of late antique Ostia with a wealth of important documentation and sound arguments concerning the interpretation of standing structures, inscriptions and sculpture.“
Von: Arja Karivieri
In: Bryn Mawr Classical Review 2018.02.34
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„Marcel Danner bietet mit diesem Werk eine gut dokumentierte und viele Aspekte ansprechende Grundlage für die Betrachtung des spätantiken Wohnbaus in Ostia mit seinen komplexen Bauphasen, die anschaulich dokumentiert sind und vom Leser dankbar angenommen werden. Dass nicht alle Komponenten detailliert besprochen werden, liegt in der Komplexität der Gesamtthematik begründet und soll nicht als Manko verstanden werden.“
Von: Alice Landskron
In: Bonner Jahrbuch 220 (2020), S. 540-543
Marcel Danner, geboren 1982 in München, hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München und an der Università degli Studi di Firenze Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Ethnologie studiert. Nach der Promotion an der Universität zu Köln wurde ihm das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts verliehen. Anschließend war er als wissenschaftlicher Volontär bei den Staatlichen Bayerischen Sammlungen und Museen tätig. Seit November 2015 lehrt und forscht Marcel Danner als Akademischer Rat auf Zeit am Lehrstuhl für Klassische Archäologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er beschäftigt sich unter anderem mit der Wohnkultur der römischen Kaiserzeit und der Spätantike sowie mit griechischen und römischen Bilddenkmälern.
In der Reihe “Kölner Schriften zur Archäologie” werden Monographien, Dissertationen und andere materialreiche Publikationen erscheinen, die im Umfeld des Archäologischen Instituts der Universität zu Köln entstanden sind oder in einem engen Zusammenhang mit den Forschungsschwerpunkten des Instituts stehen. Dabei bietet die Arbeitsstelle Digitale Archäologie und ihre Bilddatenbank ARACHNE die einzigartige Möglichkeit, das archäologische Material auf zeitgemäße Art umfassend dokumentieren und publizieren zu können. Es handelt sich also um exemplarisch bebilderte, gut lesbare wissenschaftliche Bücher, bei denen der Argumentationsgang und die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen in Buchform vorgelegt, aber die vollständige Materialgrundlage online in der Datenbank ARACHNE zur Verfügung gestellt werden.